Auf dem Parkplatz reiht sich ein Zelt an das andere. Es regnet und ist ungemütlich, doch das macht den Menschen hier in Houston nichts aus. Sie sind auf alles vorbereitet, packen sich warm ein, kochen Tee. So geht das jetzt schon seit dem Wochenende. Doch bald hat das Warten ein Ende. Und dann werden die Camper in der Schlange ganz vorne sein. Bald kommt ihr großer Tag. Bald ist: Black Friday.
Was sich hier auf dem Parkplatz vor einem Elektronik-Kaufhaus in der größten Stadt Texas abspielt, ist zugegebenermaßen die extremste Ausprägung des amerikanischen Shopping-Feiertags. Nicht alle verbringen die Nächte vor der großen Schnäppchenjagd direkt vor den Läden. Doch Millionen Amerikaner werden sich auch an diesem Freitag wieder morgens um fünf in riesige Warteschlangen stellen, um bei der Jagd nach Sonderangeboten eine gute Ausgangsposition zu haben.
Seit Jahrzehnten nutzen Amerikas Händler den Brückentag zwischen Thanksgiving und dem Wochenende danach, um das Weihnachtsgeschäft einzuläuten und vor allem anzukurbeln. Mit Sonderangeboten, Rabatten und Werbegeschenken locken sie die Kunden am Black Friday in ihre Geschäfte. Seit Jahren ist dieser Freitag im November der umsatzstärkste Tag des Jahres für den amerikanischen Einzelhandel.
Um den Umsatz nicht alleine dem stationären Handel zu überlassen, erfanden die Online-Händler vor ein paar Jahren den Cyber Monday. Am Montag nach Thanksgiving versprechen die Anbieter ihren Kunden jede Menge Rabatte beim Einkauf im Netz. So haben sich die vier Tage inzwischen zu einem regelrechten Shopping-Marathon entwickelt.
Das Phänomen ist in Europa angekommen
Inzwischen ist die winterliche Schnäppchenjagd nicht mehr nur ein amerikanisches Phänomen, sondern längst auch in Europa angekommen. In Großbritannien wurde es im vergangenen Jahr so gut angenommen, dass die Polizei einige Geschäfte vorübergehend schließen musste, um das Chaos in den Griff zu kriegen. In Manchester wurden mehrere Personen wegen Streitigkeiten oder Bedrohung des Verkaufspersonals sogar festgenommen.
In Deutschland wurden die Konsumenten im Jahr 2006 zum ersten Mal mit dem amerikanischen Brauch bekannt gemacht. Apple bot seine Black-Friday-Angebote auch in seinen deutschen Filialen an und generierte damit enorme Umsätze. Seitdem sind es vor allem die Onlinehändler, die den beiden Tagen auch in Deutschland zu immer mehr Bedeutung verhelfen. Hierzulande, so prognostiziert es eine Studie von deals.com, wird der Handel in diesem Jahr am Black Friday-Wochenende 924 Millionen Euro einnehmen, das sind 16,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Sie wollen sich die Geschäfte nicht entgehen lassen: Nach einer Umfrage des Handelsverbandes HDE wird sich ein Viertel aller deutschen Online-Händler am Black Friday beteiligen. Aus der Otto Gruppe bietet beispielsweise auch der Online Shop About You spezielle Angebote passend zum großen Schnäppchentag.
Auf mehreren Webseiten haben sich die Händler zusammengeschlossen, um ihre Angebote an den Kunden zu bringen. Besonders aktiv ist der Versandriese Amazon, der gleich eine ganze Woche mit Rabatten lockt. Verbraucherschützer warnen allerdings, dass nicht hinter jeder Verlockung auch wirklich ein Schnäppchen steckt. Viele Preisnachlässe beruhten auf einem Vergleich mit der unverbindlichen Preisempfehlung der Hersteller, dem so genannten UVP, den aber kaum ein Händler jemals erzielt.
Logistikkonzerne sind für Lastspitzen gerüstet
Die Kunden wird das dennoch nicht abschrecken. Im vergangenen Jahr war der Ansturm auf die Sonderangebote teilweise so groß, dass die Webseiten zusammenbrachen. In diesem Jahr sind die Teilnehmer nach eigenen Angaben auf das erhöhte Shopping-Aufkommen gut vorbereitet. Es geht dabei ja nicht nur um Serverkapazitäten, sondern auch um die Logistik – schließlich steigt auch das Paketaufkommen enorm an. Während sich der klassische Ausverkauf über mehrere Wochen hinzieht, werden die Wunschprodukte bei den Online-Sonderverkäufen innerhalb von wenigen Tagen verkauft. Zum Glück findet der Black Friday Ende November statt. Kurz darauf startet die Weihnachtszeit, für die sich die Logistikkonzerne sowieso immer besonders rüsten, um die Lastspitzen abzufangen.
Fast jeder zweite Deutsche hat schon einmal von Black Friday oder Cyber Monday gehört, der steigende Bekanntheitsgrad sorgt für einen zunehmenden Erfolg der Aktionstage. In diesem Jahr wollen die Händler zum ersten Mal die Marke von einer Milliarde Euro knacken. Das hört sich viel an, ist jedoch gar nichts, wenn man mal nach China schaut.
In China feiern sie seit über 20 Jahren den Singles Day, den Tag der Alleinstehenden. Der findet jedes Jahr am 11.11. statt, die vier Einsen symbolisieren am besten Menschen ohne Partner dachten sich die Erfinder 1993. Ungehemmtes Einkaufen soll den Schmerz der einsamen Herzen lindern. Und davon machen die Chinesen gerne und ausgiebig Gebrauch. Als Alibaba, Chinas größter Online-Händler, in diesem Jahr seine Angebote freischaltete, dauerte es exakt acht Minuten, bis der Umsatz von einer Milliarde erreicht war. Nach 90 Minuten hatten die Chinesen bereits fünf Milliarden eingenommen.
Weitere Informationen zum Singles‘ Day 2016 finden Sie hier.