Egal ob Lastenrad oder E-Transporter – bei einem Paketdienstleister denken viele beim Thema CO2-Einsparungen in erster Linie an emissionsfreie Antriebstechniken, auf die auch Hermes Germany seit Jahren verstärkt setzt. Doch auch jenseits der Straße, in einem nach außen eher unsichtbaren Bereich, übernimmt der Paketlogistiker ökologische Verantwortung: der Arbeitsplatz-IT. Vor gut einem Jahr ist Hermes Germany eine Partnerschaft mit AfB social & green IT eingegangen, damit vom Unternehmen ausgesonderte, aber noch funktionstüchtige Arbeitsplatzhardware wie Computer oder Drucker nicht in der Tonne landen, sondern im Sinne der Kreislaufwirtschaft an anderer Stelle ein zweites Leben erhalten können. Das gemeinnützige Inklusionsunternehmen AfB („Arbeit für Menschen mit Behinderung“) arbeitet gebrauchte IT- und Mobilgeräte auf und bringt sie wieder in den Wertschöpfungskreislauf. Durch das sogenannte IT-Refurbishment werden aktiv Ressourcen geschützt und CO2 eingespart – 82 Tonnen CO2-Äquivalente allein im ersten Jahr. Im Interview sprechen Thomas Gutzeit, Teamlead Workplace Solutions im Bereich IT bei Hermes Germany, und Jurij Deperschmidt, Partner-Manager Region Nord bei AfB, über weitere Erfolge der Partnerschaft und warum der grüne Gedanke in der IT-Welt gerade jetzt immer wichtiger wird.
Zweites Leben für 838 IT- und Mobilgeräte
Herr Gutzeit, seit etwas über einem Jahr setzt Hermes Germany auf die Partnerschaft mit AfB und unterstützt damit einen nachhaltigen Umgang mit ausgesonderter IT-Hardware. Mal ganz plump gefragt: Wäre es nicht am nachhaltigsten, Geräte einfach möglichst lange zu verwenden?
Thomas Gutzeit: Wir haben bei Hermes Germany aktuell bereits einen relativ langen Hardwarezyklus, der eher weiter verkürzt werden muss. Die technologischen Fortschritte bringen nicht nur neue Features für die Endanwender*innen, sie stellen auch immer höhere Anforderungen an die Hardware. Die Anforderungen in einem Unternehmen sind hier sehr komplex. Daher ist es nicht möglich, die Hardware bis zum bitteren Ende zu nutzen. Aber wir entsorgen die Geräte ja nicht. In Zusammenarbeit mit AfB haben wir eine sehr gute Lösung gefunden, die Geräte nach ihrem Lebensende bei Hermes Germany weiterhin einer Nutzung zuzuführen. Daher steht ein kürzerer Nutzungszeitraum nicht im Widerspruch zu Nachhaltigkeit.
Von wie vielen Geräten sprechen wir denn eigentlich? Und wie genau sieht die Partnerschaft aus?
Thomas Gutzeit: Wir statten aktuell rund 3.000 kaufmännische und gewerbliche Mitarbeiter*innen bei Hermes Germany mit Arbeitsplatzhardware aus. Darunter befinden sich PCs, Notebooks, Smartphones, Monitore und Drucker. Permanent werden ältere abgeschriebene Geräte durch neue ersetzt, weiterhin kommt es zu dem ein oder anderen Defekt. Diese Hardware liefern wir dann zu AfB. Vieles davon ist keineswegs reif für die Tonne. Die vorhandenen Daten werden durch AfB zertifiziert gelöscht. Anschließend werden die Geräte aufbereitet oder dem Elektrorecycling zugeführt, je nach Zustand und Funktionsfähigkeit. Im Jahr 2021 sind 1.370 IT-Geräte von Hermes Germany an AfB übergeben worden. 61 Prozent davon konnten weiterhin genutzt werden, 39 Prozent wurden dem Recycling zugeführt. Mit AfB haben wir somit einen Partner gefunden, über den wir mit minimalem bürokratischem Aufwand unserer alten Hardware ein zweites Leben schenken können.
82 Tonnen CO2-Einsparungen durch nachhaltiges IT-Refurbishment
Herr Deperschmidt, was genau passiert mit der ausgesonderten Hardware von Hermes Germany?
Jurij Deperschmidt: Der Prozess des IT-Remarketings beginnt mit einem sicheren, versiegelten Prozess, von der Abholung der Hardware bei unseren Partnern über den Transport durch unser gemäß DSGVO-geschultes Personal. Im Anschluss werden bei AfB sämtliche Daten auf höchstem Niveau mit zertifizierter Software gelöscht und Festplattenteile geschreddert. Nach der Datenlöschung werden die Geräte gereinigt, gründlich getestet und gegebenenfalls aufgerüstet. Bei Bedarf reparieren oder ersetzen wir Komponenten oder rüsten auf, zum Beispiel mit SSDs. Im Deployment erhält die Hardware schließlich das neueste Betriebssystem sowie einen Lizenzaufkleber. Dann kann sie noch mehrere Jahre benutzt werden. Wir bieten die so aufbereiteten Geräte in unseren Ladengeschäften und im AfB-Onlineshop an. Für unsere Partner legen wir in einer jährlichen Wirkungsurkunde transparent dar, welche Ressourcen- und Energieeinsparung das Remarketing der an uns abgegebenen Geräte im Vergleich zur Neuproduktion bewirkt hat. Dadurch tragen Unternehmen messbar zum Klimaschutz bei.
Welche Erfolge konnte Hermes Germany denn im ersten Jahr der Partnerschaft verbuchen und welche langfristigen Ziele verfolgt ihr?
Thomas Gutzeit: Primär haben wir 1.370 Geräte nicht, wie in der Vergangenheit üblich, einfach der Entsorgung zugeführt. Darüber hinaus konnten wir mit den von uns an AfB übergebenen Geräten folgende Wirkungen erzielen: Es wurden 29.393 Kilogramm Fe-Äquivalente (Rohstoffe), 284.614 Kilowattstunden Energie, 697.792 Liter Wasser und 82.254 Kilogramm CO2-Äquivalente eingespart. Zum Vergleich, damit man das etwas einordnen kann: Im Rahmen von Green Delivery Berlin erreicht Hermes Germany mit der emissionsfreien Zustellung eine Einsparung von 220 Tonnen CO2 pro Jahr – unser End-of-Life-Prozess der Arbeitsplatz-IT entspricht also einem Drittel des Wertes, den ein so großes Projekt wie das in Berlin erreicht. Das ist wirklich klasse und zeigt, dass es nicht nur auf die Straße ankommt. Wir wollen hier „im Hintergrund“ weitere Erfolge verbuchen und uns für die Umwelt und den Ressourcenschutz engagieren, darum ist unsere Zusammenarbeit mit AfB langfristig ausgelegt. Solange wir Hardware aussondern, benötigen wir einen zuverlässigen Partner. Wir befinden uns in einem kontinuierlichen Prozess.
Wichtiges Engagement für Gesellschaft, Klima und Umwelt
Was bedeutet das Engagement von Unternehmen wie Hermes Germany für AfB?
Jurij Deperschmidt: Ohne unsere zahlreichen, starken Partnerschaften wäre unser Kerngeschäft IT-Refurbishing gar nicht möglich. Partner wie Hermes Germany, die verantwortungsvoll mit ihrer nicht mehr benötigten Hardware umgehen, ermöglichen eine Verlängerung des Produktlebens von Geräten, die zum Teil kritische Rohstoffe enthalten und deren Produktion mit hohem Energieaufwand verbunden ist. Zudem können wir nur durch unsere IT-Partnerschaften in großem Umfang Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen schaffen. Dass wir somit günstig gute Hardware anbieten können, ermöglicht auch Menschen mit niedrigem Einkommen digitale Teilhabe.
Die aktive Ressourcenschonung und die Unterstützung eines gemeinnützigen Unternehmens ist das eine, IT-Refurbishment wirkt darüber hinaus aber noch einem ganz anderen akuten Problem entgegen …
Jurij Deperschmidt: Im ITK-Bereich ist die Chipkrise derzeit allgegenwärtig – ein Ende ist nicht in Sicht. Ihre Auswirkungen spüren Verbraucher und Unternehmen: Neugeräte sind teuer, Lieferprobleme sorgen für Unsicherheit. Damit steigt die Attraktivität von gut erhaltenen generalüberholten Gebrauchtgeräten. Die Chipkrise äußert sich so als Chance für Unternehmen und Umwelt. Wenn Unternehmen schlussendlich ihre Hardware austauschen, haben sie gleich mehrere Vorteile, wenn sie ihre Gebrauchtgeräte wieder dem Wirtschaftskreislauf zuführen, statt sie nur recyceln zu lassen. Die Weitergabe an einen IT-Refurbisher lohnt sich schon allein monetär, denn für die gebrauchte Ware erhält man mehr als für Recyclingware. Vor allen Dingen aber ist die Weitergabe gut für die Umwelt. Mit der Etablierung einer Kreislaufwirtschaft zeigen Unternehmen, dass sie sich ernsthaft für die Klimawende engagieren. Das wird zunehmend wichtiger: Auch Mitarbeitende, Geschäftspartner und Stakeholder verlangen immer häufiger Informationen zur Klimatransformation.
Abschließend verraten Sie uns noch: Warum sollte ich mich als Endkund*in entscheiden, gebrauchte IT-Hardware zu kaufen?
Jurij Deperschmidt: Auch Privatkund*innen unterstützen mit jedem Kauf Inklusion und tragen beim Kauf generalüberholter Geräte zu Klima- und Ressourcenschutz bei. Obendrein erhalten sie durch die Wahl von Refurbished IT langlebige, robuste Business IT, die in der Regel hochwertiger ist als Geräte für den Privatgebrauch – und das zu einem deutlich günstigeren Preis im Vergleich zum Neuwert.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!