Ein Drittel aller Sendungen werden Zusteller an der Haustür gar nicht los: Der Kunde ist nicht zuhause, obwohl er sein Paket genau dorthin bestellt hat. Der Paketshop als alternative Zustelladresse gewinnt deshalb zunehmend an Bedeutung.
Als erster Paketdienst hat Hermes vor fast 20 Jahren mit der Einrichtung von „PaketShops“ begonnen. Nach einem ersten, erfolgreichen Testlauf 1999 mit rund tausend Shops, wurde im Jahr 2000 das Hermes PaketShop-Netzwerk offiziell etabliert. Mittlerweile gibt es bundesweit über 15.000 von ihnen. Und das Netzwerk wird weiter ausgebaut, bis zu 20.000 Shops sind geplant. Ein Erfolgsmodell, das inzwischen auch weitere Dienstleister nutzen: „Zählt man alle zusammen, gab es im Jahr 2017 rund 50.000 Shops in Deutschland. Ein sehr dichtes Netz existiert vor allem in den Ballungsräumen“, erklärt Dr. Klaus Esser, Logistikexperte und Mitverfasser der jährlichen KEP-Studie für den Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK).
Nur 10 Prozent aller Pakete gehen an Shops
Auch wenn die Nutzung von Paketshops stetig zunimmt, ist die Haustürzustellung in Deutschland immer noch der klare Favorit. Das bestätigt auch ein in diesem Jahr veröffentlichtes Kompendium des BIEK: 87 Prozent aller Zustellungen gehen an die Haustür, zehn Prozent an die Paketshops, drei Prozent an Paketautomaten. „Paketboxen an der Zustelladresse spielen noch eine sehr kleine Rolle, ebenso wie die Kofferraumzustellung oder die Zustellung beim Arbeitgeber“, sagt Dr. Esser. Von den rund 1,7 Milliarden Paketen, die jährlich von Unternehmen an Kunden geliefert werden, gehen also rund 170 Millionen über den Tresen von Shops – ein vergleichsweise geringer Anteil. Gleichzeitig findet die Paketbranche nur noch schwer neue Zusteller. „Dem boomenden Onlinehandel droht hier mittelfristig eine analoge Grenze“, sagte Olaf Schabirosky, CEO von Hermes Germany, kürzlich.
Warum hat die Haustürzustellung trotz zunehmender Alternativen immer noch einen so hohen Stellenwert? „In Deutschland besteht immer noch das Bewusstsein, dass ein Paket umsonst an die Haustür geliefert wird. Das ist längst nicht überall der Fall: Es gibt Beispiele aus Skandinavien, wo Lieferungen an eine Übergabestation gratis sind. Soll die Lieferung nach Hause kommen, fällt ein zusätzliches Entgelt an“, so Dr. Esser.
Auch eine Studie des ECC (am Institut für Handelsforschung in Köln) zusammen mit Hermes zeigt: 81 Prozent der Konsumenten wollen ihre Bestellungen am liebsten an der eigenen Haustür entgegennehmen. Hier geht die Schere weit auf, denn nur 61 Prozent der Pakete erreichen Konsumenten genau dort, so die Studie. Montag bis Freitag beispielsweise sind von morgens bis frühen Nachmittag höchstens bis zu 30 Prozent der Empfänger überhaupt zuhause anzutreffen.
Haustürlieferung sorgt für mehr Lärm und Stau
„Das ist fast schon paradox – und vermeidbar. Wer tagsüber nicht zuhause ist, dem bieten sich kostenlose Alternativen an, wie etwa eine Lieferung an einen unserer PaketShops, an einen definierten Wunschablageort oder auch eine Sendung ins Büro, sofern der Arbeitgeber mitspielt. Mehrkosten entstehen nicht. Und häufig kommen die Empfänger so sogar schneller an ihre Ware. Da braucht es ein Umdenken bei Kunden und Händlern“, sagt Thomas Horst, Geschäftsführer Marketing & Sales bei Hermes Germany.
Insbesondere im Hinblick auf das Weihnachtsgeschäft kann die Shop-Belieferung für eine Entzerrung sorgen: „Durch eine konsolidierte Zustellung an PaketShops könnten in kürzester Zeit deutlich mehr Pakete mit deutlich weniger Fahrten ausgeliefert werden. Konkret heißt das: Mit nur einem Stopp kann ein Bote nicht mehr nur ein oder zwei, sondern bestenfalls 20 bis 30 Pakete auf einmal zustellen. Im Vergleich zur Lieferung an die Haustür spart dies nicht nur Zeit und Kosten, sondern verursacht auch weniger Emissionen“, so Thomas Horst weiter.
Abholung wird in tägliche Wege eingebunden
Bis zu 30 Prozent weniger CO2 fallen bei der PaketShop-Lieferung im Vergleich zur Zustellung an die private Haustür an. Einfache Erkenntnis: Wer sich seine Pakete direkt an eine Abholstelle liefern lässt, verbessert den eigenen ökologischen Fußabdruck. Emissionen, die bei der Abholung des Pakets durch den Kunden produziert werden, fallen laut Logistik-Experte Dr. Klaus Esser hier übrigens kaum ins Gewicht: „Wir haben auch untersucht, wie die Pakete abgeholt werden. Es hat sich gezeigt: Das wird in die tägliche Mobilität, also in Wege, die sowieso anfallen, eingebunden. Die meisten holen die Sendung auf dem Weg von der Arbeit nach Hause ab. In Städten machen das die meisten zu Fuß oder mit dem Fahrrad.“
Hermes-Kunden müssen in deutschen Großstädten durchschnittlich 600 Meter zum nächsten Shop zurücklegen, in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München sind die Wege meistens deutlich kürzer. Das kommt den Kunden laut der ECC-Studie entgegen, denn diese gaben an, bis zu zwölf Minuten Fußweg bis zur nächsten Abholstelle zu akzeptieren. Da PaketShops in Kiosken, Bäckereien oder Tankstellen oft besonders lange Öffnungszeiten haben, ist die Abholung auch bei längeren Arbeitszeiten häufig kein Problem.
Online-Händler sollten stärker aufklären
Die ECC-Studie sieht aber auch die Online-Händler selbst in der Pflicht, hier besser zu informieren und ihre Kunden aufzuklären: Händler „sollten die Vorteile dieser Optionen im Bestellprozess stärker hervorheben und Konsumenten möglichst viele Optionen bieten, damit sie ihre Bedürfnisse entsprechend personalisieren können“, heißt es dort.
Dr. Esser sagt den Paketshops aufgrund der vielen Vorteile eine gute Zukunft voraus: „Der Anteil der dorthin gelieferten Pakete wird in den nächsten zehn Jahren ziemlich sicher weiter steigen.“