Logistikimmobilien stehen hoch im Kurs. Insbesondere die fulminante Entwicklung des eCommerce führt zu einem Run auf Lager- und Logistikflächen. Doch vor allem in den Top-Regionen ist vielerorts schlichtweg kein Platz mehr. Auch Hermes investiert in seine Infrastruktur und baut neue Standorte. Vom Suchen und Finden geeigneter Immobilien berichtet Amadeus Kurz, der als Leiter Central Services bei Hermes unter anderem für Bauprojekte verantwortlich ist.
Es wird eng für Deutschlands Logistiker! Lager- und Logistikflächen sind gefragt wie nie. Allerorts bauen Logistikdienstleister wie auch Handelsunternehmen neue Immobilien, in denen Waren gelagert, verpackt und für den Versand sortiert werden. Was auf dem privaten Immobilienmarkt längst ein alter Hut ist, wird nun für die Logistikbranche Realität: Insbesondere in Deutschlands Top-Regionen sind geeignete Grundstücke ein ebenso knappes wie teures Gut. Haupttreiber für die massiv steigende Nachfrage nach Logistikflächen ist der weiter explodierende eCommerce. Zudem versprechen Logistikimmobilien vergleichsweise hohe Renditen, so dass diese Anlageklasse inzwischen für Investoren hochattraktiv ist. Auch Hermes investiert in neue Standorte. Das Unternehmen baut seine logistische Infrastruktur bis 2019 für rund 300 Millionen Euro aus. Viel zu tun also für Amadeus Kurz, der als Leiter Central Services bei der HLGD/HTL unter anderem für Bauprojekte verantwortlich ist. Ein Gespräch mit der Hermes Unternehmenskommunikation über Marktentwicklungen, Wutbürger sowie das Zusammenwirken von Wachstum und Nachhaltigkeit.
Spielt der Immobilienmarkt Hermes derzeit in die Hände?
Überhaupt nicht. Es ist sehr schwierig geeignete Grundstücke in unserer Größenordnung zu finden. Die Frage nach sieben Hektar großen Liegenschaften sorgt regelmäßig für Vibrationen bei unseren Gesprächspartnern. Zudem erlebt der Logistikimmobilienmarkt seit 2013 einen Boom. Während ich als Repräsentant eines Logistikers noch vor wenigen Jahren auf der Messe Expo Real belächelt wurde, sind Logistikimmobilien nun en vogue. Früher haftete der Branche ein Schmuddelimage an, heute versprechen diese Immobilien attraktive Renditen. Dazu passend haben große Anlegergesellschaften inzwischen ihre Satzung dahin gehend geändert, dass sie nun auch in diese Assetklasse investieren dürfen. All dies führt natürlich zu steigenden Preisen.
Über welche Summen sprechen wir hier?
Die Grundstückspreise variieren je nach Region von 60 bis zu 360 Euro pro Quadratmeter. Die teuersten Bundesländer sind Bayern, Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg. Trotz der Preisentwicklungen sind hier − aber auch in anderen Landesteilen − schon heute kaum noch Flächen verfügbar. Die Nachfrage übersteigt vielerorts schlichtweg das Angebot. Bei der Grundstückssuche konkurrieren wir übrigens nicht nur mit anderen Paketdiensten. Auch Händler wie Amazon, Zalando und Co. benötigen große Flächen für neue Warehousing- und Logistikstandorte. Es gibt also vielfältige Einflussfaktoren, die derzeit den Markt verschärfen und wir sind gut beraten, bei geeigneten Angeboten sofort zuzuschlagen – sonst greift jemand anders zu.
Anhand welcher Kriterien fällt die Entscheidung für oder gegen einen Standort?
Lage, Lage und nochmals Lage – das ist der entscheidende Aspekt. Denn die Logistik folgt dem Konsum. Wir brauchen eine schnelle Zufahrt auf die jeweils wichtigsten Autobahndrehkreuze, der Zufahrtweg sollte maximal 2 bis 2,5 Kilometer betragen. Schließlich erwarten Kunden im Zeitalter des eCommerce eine prompte Lieferung. Daher müssen Transportfahrzeuge rasch und störungsfrei auf die Zu- und Abfahrten gelangen. In vielen Teilen Deutschlands funktioniert dies nicht optimal. Stichwort: Verkehrskollaps. Hier ist die Politik gefragt mit innovativen Verkehrskonzepten und dem weiteren Straßenausbau die notwendigen Voraussetzungen für eine moderne, flexible Konsumwelt zu schaffen.
Apropos Lage: Zieht es Hermes in die Nähe von Metropolen? Oder konzentrieren Sie sich auf ländliche Regionen mit guter Verkehrsanbindung?
Unsere generelle Marschroute verläuft in Richtung der Metropolen. Die taggleiche Paketzustellung gelingt uns nicht aus der Prärie heraus – auch wenn hier die Grundstückspreise deutlich niedriger sind. In Citynähe müssen wir mit mindestens dreistelligen Beträgen pro Quadratmeter rechnen, die Preise liegen zum Teil sechsmal höher als in ländlichen Gebieten. Zudem sind insbesondere so große Grundstücke, wie wir sie benötigen, hier kaum noch vorhanden. Letztendlich gibt es keine Pauschallösung. Wir müssen von Fall zu Fall Kosten- und Nutzenaspekte gegeneinander abwägen. Wie ist in Zeiten der „Wutbürger“ die Akzeptanz von Logistikbetrieben bei den Anwohnern? Wir versuchen, dieser Problematik schon im Vorfeld buchstäblich aus dem Weg zu gehen, indem wir uns vornehmlich dort ansiedeln, wo bereits Logistiker vertreten sind. Überspitzt gesagt: Wenn ein Grundstück nur mit einer Fahrt durch drei Ortschaften zu erreichen ist, kommt es für uns nicht in Frage. Da sind Auseinandersetzungen mit Anwohnern vorprogrammiert. Unser Geschäft ist 24/7. Gerade Lärm ist dabei ein großes Thema. Und hier geht es nicht nur um Verkehrslärm. So ist zum Beispiel beim Aufstellen einer Wechselbrücke das Klacken der Stützen lauter als ein Motor. Unsere Aufgabe ist es, die neuen Standorte bestmöglich in ihre Umgebung und in die Natur zu integrieren. Denn wirtschaftliches Wachstum und nachhaltiges Handeln sind keineswegs ein Widerspruch. Es gibt überraschend viele Stellschrauben, um beides miteinander in Einklang zu bringen.
Zum Beispiel?
Nachhaltigkeit beginnt bereits in der Planungs-und Bauphase. Unser Ziel für alle neuen Gebäude ist die „Goldzertifizierung“ durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Dies setzt voraus, dass wir vielfältige Kriterien hinsichtlich der Gebäudegestaltung, der Energiegewinnung sowie des Klima- und Umweltschutzes erfüllen. Auch soziokulturelle Aspekte wie die Qualität der Aufenthaltsräume für unsere Mitarbeiter und die Entwicklung von Nutzungsangeboten an die Öffentlichkeit sind zu berücksichtigen. Dies ist übrigens auch für Kommunen ein Entscheidungskriterium. Die Bürgermeister und Gemeinderatsvertreter, bei denen wir uns um den Zuschlag für Grundstücke bewerben, erwarten eine Identifikation unseres Unternehmens mit der Gemeinde – zum Beispiel indem die Leiter unserer Logistik Center den direkten Kontakt pflegen, regelmäßig einen Tag der offenen Tür anbieten o.Ä. Die Immobiliensuche ist eben ein sehr persönliches Geschäft.
Herr Kurz, wir danken Ihnen für das Gespräch.