Hermes Newsroom

Kreuzfahrtschiffe in Hamburg: Schluss mit der dicken Luft

Schiffe wie die "Queen Mary 2" bringen glückliche Touristen in den Urlaub, belasten aber auch die Städte, in denen sie ihre Tour beginnen mit ihren Abgasen. (Foto: United Archives, Beate Zoellner)

In Hamburg können Kreuzfahrtschiffe während ihrer Pause durch Landstromanlagen und Flüssiggaskraftwerke versorgt werden. Das schont die Umwelt und beruhigt die Anwohner.

Vom Frisör zum Fitness-Center sind es nur ein paar Meter, auch die Wäscherei und das Fotostudio sind zu Fuß in ein paar Minuten locker zu erreichen. Schwieriger ist es da schon, sich den Weg zum Kasino zu merken. Am Theater vorbei, die Treppe hinunter, das Schwimmbad rechts liegenlassen, dann kommt der Eingang schräg gegenüber der Diskothek.

Es geht hier nicht um das Zentrum einer deutschen Kleinstadt, sondern um das Innenleben eines Kreuzfahrtschiffes. Die schwimmenden Ortschaften beherbergen inzwischen so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann. Und was für die Reisenden an Bord die Erfüllung eines Traumes ist, wurde für die Bewohner von Hamburg in den vergangenen Jahren immer mehr zum Ärgernis.

Mindestens 160 Kreuzfahrtschiffe legen alleine in diesem Jahr in der Hansestadt an. Zwar schalten die meisten Kapitäne inzwischen ihre Antriebsmotoren ab, wenn sie im Hafen liegen. Doch der Dieselmotor läuft weiter, er betreibt den Generator, mit dem die Kabinen klimatisiert, die Vorratsräume gekühlt und die umfangreiche Beleuchtung der Vergnügungstempel gesichert werden. Auch während der Liegezeit verbraucht der Feriendampfer so viel Strom wie ein großes Dorf. Regelmäßig werden Grenzwerte für Luftverschmutzung in der Hansestadt überschritten. Über 40 Prozent der Stickstoffbelastung kommt aus dem Hafen. Wer in der Nähe der inzwischen drei Terminals für Kreuzfahrtschiffe wohnt, kann seine Fenster regelmäßig von einem Ölfilm befreien.

Stromversorgung von Land

Doch damit soll jetzt Schluss sein. Ab August können zumindest die Schiffe des Kreuzfahrtterminals in Altona mit Landstrom versorgt werden. Dort hat die Hamburg Port Authority in den vergangenen Jahren von Siemens eine High-Tech-Anlage bauen lassen, welche die Schiffe über ein Verbindungskabel mit Energie versorgt. Die zur Verfügung gestellte Stromleistung liegt bei zwölf Megawatt, damit könnte man 24.000 Durchschnitthaushalte versorgen. Kostenpunkt des Neubaus: knapp neun Millionen Euro.

Die Versorgung von Land ist keine Kleinigkeit. Würde man die Strommenge aus dem umliegenden Gebiet einfach aus dem Netz abziehen, könnte das zu Problemen in Haushalten und Büros führen. Deshalb verfügt die überdimensionierte Steckdose über eine eigene Leitung von einem Umspannwerk in Altona bis zum Kreuzfahrterminal. Noch haben längst nicht alle Kreuzfahrtschiffe einen Landstromanschluss, der natürlich viel komplizierter ist als eine schlichte Steckdose.

Die Aida Sol ist das erste Schiff der Rostocker Reederei Aida, das einen passenden Landstromanschluss hat. Das nachträgliche Einbauen kostete die Reederei eine halbe Millionen Euro. Um auch während der Fahrt Emissionen zu reduzieren, erhalten Neubauten zusätzlich aufwändige Abgasreinigungsanlagen. Damit sich die Investition lohnt, will die Reederei auch in anderen Häfen Landstrom beziehen. Bisher war das nicht so einfach. Es gibt 50-Hertz-Anschlüsse und 60-Hertz-Anschlüsse, dazu verschiedene Steckersysteme. Deshalb hielten sich Häfen bislang mit Investitionen zurück. Erst seit die Anschlüsse vereinheitlicht wurden, beschäftigen sich andere Häfen ernsthaft damit, weil sie wissen, dass der Anschluss für alle möglich ist.

Ein Schritt zum umweltfreundlichen Hafen

Hamburg möchte Vorbild in Sachen Umwelttechnologie werden. Dafür muss die Stadt dafür sorgen, dass sich Hafen und Schifffahrt mit den heutigen Ansprüchen an Umwelt und Gesundheit vertragen. Je attraktiver die Stadt wird, desto schwieriger wird das, weil immer mehr Touristen und Besucher kommen – auch auf dem Seeweg.

Eine weitere Möglichkeit die Schiffe mit Energie zu versorgen und dabei die Schadstoffe zu reduzieren, bietet seit Mai das schwimmende Flüssiggas-Kraftwerk „Hummel“. Flüssiggaskraftwerke stoßen keine Schwefeloxide und keinen Ruß aus. Die Emission von Stickoxiden verringert sich um 80, diejenige von Kohlendioxid um 30 Prozent. Die knapp 77 Meter lange Barge kann mit fünf Gasmotoren eine Leistung von 7,5 Megawatt bereitstellen – so viel wie zwei Windkraftwerke an Land. Für die Umweltpolitikerin Anne Krischok ein Traum: „Die Luft wird sauberer und die Anwohner werden nicht mehr durch laufende Schiffsmotoren belastet. Das ist ein bedeutsamer Schritt zu einem umweltfreundlichen Hafen.“

Bisher kann die schadstoffarme Stromversorgung allerdings nur in den Häfen eingesetzt werden. Die einzige Möglichkeit, den CO2-Ausstoß von Kreuzfahrtschiffen auf hoher See zu reduzieren, bleibt daher: weniger Treibstoff zu verbrauchen. „Mein Schiff 3“ ist nach Angaben von Tui im Vergleich zu ähnlichen Schiffen um rund 30 Prozent energieeffizienter gestaltet.

Nötig sind dafür ein ganzes Bündel an Maßnahmen: Solarenergie und LED-Beleuchtung sind eine Möglichkeit, wärmedämmende Beschichtung von Fenstern zur Entlastung der Klimaanlagen eine andere. Komplexe Energie-Management-Systeme sorgen ebenso für Entlastung wie die Wärmerückgewinnung, neue Formen und Beschichtungen für den Schiffsrumpf. Besonders sparsam soll die „Aida Prima“ unterwegs sein. Auf einem Film Millionen kleiner Luftblasen gleitet das Schiff durch das Wasser, mit verringertem Wasserwiderstand, Spritverbrauch und Antriebenergie.


Lesen Sie dazu auch:

Kreuzfahrtschiffe: Einige Reedereien verbessern Abgastechnik (zeit.de; 28.04.2014)

Die mobile Version verlassen