Tragbare Computersysteme, sogenannte Wearables, erobern die Wirtschaft. Noch sind sie nicht völlig ausgereift. Aber Experten sind sich sicher, dass sie vor allem in Branchen wie der Logistik und der Medizin in den kommenden Jahren für mehr Effizienz sorgen werden.
Während der morgendlichen Besprechung tragen alle Teilnehmer eine modische Kopfbedeckung, besetzt mit künstlichen Steinen, die ihre Farbe wechseln, wenn sich die elektronische Spannung verändert, die in unserem Körper entsteht, wenn wir atmen, denken oder fühlen. Jeder kann sofort sehen, was der Kollege über die Ansage des Chefs denkt, er muss nur auf die Färbung der Steine achten. Es gibt keine Missverständnisse mehr, kein taktieren.
Für viele klingt das noch nach einem Science-Fiction-Film. Doch ein solches Szenario könnte schon bald Wirklichkeit werden. Die Haube ist bereits erfunden und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis solche sogenannten Wearables Einzug in die Konferenzräume dieser Welt halten. Wearables erobern die Wirtschaft.
Eine Befragung des amerikanischen Marktforschungs-Unternehmens Forrester unter 3000 Technologie-Verantwortlichen hat ergeben, dass 68 Prozent der Entscheidungsträger der Einbeziehung dieser tragbaren Computersysteme in ihr Unternehmen höchste Priorität beimessen.
Hohe Produktivität, zufriedene Mitarbeiter
Die Unternehmen versprechen sich vom Einsatz verschiedener Wearable Devices jede Menge Vorteile. Befeuert werden diese Hoffnungen von Studien wie „The human cloud at work“. Demnach können Firmen ihre Produktivität um 8,5 Prozent steigern, wenn sie die richtigen Wearables einsetzen. Nebenbei nimmt die Mitarbeiterzufriedenheit um 3,5 Prozent zu. Das alles führt zu einer Erhöhung der Effizienz im gesamten Unternehmen.
Mögliche Einsatzgebiete gibt es viele. Meetings können viel effizienter gestaltet werden, wenn die Mitarbeiter wichtige Informationen über ihre Datenbrille oder ihre Smartwatch direkt erfassen können und nicht erst umständlich ihren Computer oder ihr Laptop bemühen müssen.
Eine Branche, in der die Produktivität und die Effizienz durch die technischen Neuerungen verbessert werden könnte, ist die Logistik. Lagerarbeiter, die über eine Datenbrille mit den Informationen zu einer Packliste versorgt werden, haben beide Hände frei, was den Prozess enorm beschleunigt. Außerdem können die Minikameras der Brillen über den QR-Strichcode der Etiketten sofort erkennen, ob es sich um das richtige Teil handelt. Erste Unternehmen der Branche testen die Wearables bereits im Alltag. Noch ist Lösung nicht perfekt, weil der Akku nicht lange hält und die Brillen nicht besonders bequem sind und heiß werden. Aber alle Experten sind sich einig, dass sich Wearables in den kommenden Jahren zu einem festen Bestandteil einer effizienten Logistik entwickeln werden.
Die intelligente Montagehilfe schützt vor Fehlern
Auch in der Produktion tut sich hinsichtlich technischer Hilfen einiges. So hat beispielsweise ein Startup aus München einen Sensorhandschuh entwickelt, mit dem es die Abläufe bei der Fließbandproduktion beschleunigen möchte. Der ProGlove ist technisch so ausgestattet, dass er nicht nur erkennt, ob sein Träger das richtige Bauteil zur Hand nimmt, sondern der Handschuh überwacht und protokolliert auch sämtliche Arbeitsschritte. Entscheidet sich der Arbeiter beispielsweise für das falsche Werkzeug, erscheint ein rotes Kreuz auf dem eingebetteten Display und die Montagehilfe vibriert. Auch der Zugang zu verschiedenen Arbeitsbereichen lässt sich darüber regeln.
Den größten Einsatzbereich für die Wearables sehen viele in der Medizin. Zum einen können über tragbare Minicomputer oder intelligente, mit Sensoren ausgestattete Kleidung unzählige Daten von Patienten generiert werden, die dazu genutzt werden können, Krankheiten früher zu erkennen oder gar nicht erst auftreten zu lassen: Blutdruck, Zuckerwerte, Bewegung im Schlaf, Muskelaktivitäten am Tag, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Träger können daran erinnert werden, dass sie ihre Tabletten einnehmen müssen oder dass es mal wieder Zeit ist, sich zu bewegen. Aber auch bei Operationen können die Wearables wertvolle Dienste leisten. Erstens sorgen sie dafür, dass die Mediziner jederzeit die Hände frei haben, außerdem können sie die Spezialisten mit Daten versorgen, die sie sonst mühevoll heraussuchen müssten.
Weniger Wartezeit, bessere Auslastung
Wie reizvoll der Einsatz der Wearables sein kann, zeigt das Unternehmen Walt Disney. Seit 2013 stattet der amerikanische Medienkonzern die Besucher seiner Freizeitparks mit dem so genannten Magic Band aus. Mit dem Funkarmband können die Kunden nicht nur unkompliziert den Park und die Hotels betreten. Auch Essen, Trinken und Einkäufe im Merchandise-Laden werden über das Gadget registriert und über mobile Zahlungsmöglichkeiten abgerechnet.
Alle Vorgänge werden über ein zentral gesteuertes System abgewickelt. Die Besucher müssen für den Einlass und sämtliche Abrechnungen viel weniger Zeit einrechnen, was ihren Aufenthalt komfortabler gestaltet. Das Unternehmen kann nicht nur mehr Kunden in weniger Zeit durchschleusen und damit nachweislich den Umsatz steigern. Sondern erhält darüber hinaus relevante Daten über das Einkaufsverhalten seiner Besucher und die bevorzugten Attraktionen. So sind die Parkbetreiber jederzeit in der Lage, auf die Wünsche ihrer Kunden einzugehen. Das ist für beide Seiten attraktiv.