Der Baum steht etwas schief, die Lichterkette hat sich in den unteren Zweigen verheddert, gerade brennen die Plätzchen an. So liebevoll rückt der Hauptfilm der aktuellen Weihnachtskampagne von OTTO das alljährliche Chaos rund um das größte Familienfest des Jahres in den Mittelpunkt. Die Botschaft: Echte Freude kommt nicht aus Perfektion, sondern aus glücklichen Momenten. Das gilt erst recht fürs Schenken. Statt für riesige Berge aus bunt verpackten Paketen wirbt das Unternehmen für Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und bewusstes Konsumieren – mit dem Slogan „Schenkt Euch Freude, die bleibt“. Und OTTO damit einen Nerv. Denn das Bedürfnis wächst, den traditionellen Konsumhöhepunkt Weihnachten überlegter und verantwortungsvoller zu gestalten.
Laut „Weihnachtsstudie“ 2024 der Universität der Bundeswehr in München empfindet jeder vierte Befragte das Fest als sehr stressig; in einer YouGov-Umfrage von 2022 waren 22 Prozent der Meinung, Weihnachten sei viel zu sehr kommerzialisiert und werde vor allem auf Druck des Einzelhandels gefeiert.
Das Ziel für immer mehr Menschen: Weniger Schenk-Marathon, weniger Verpackungsmüll und Impulskäufe – dafür mehr Wertigkeit und Achtsamkeit. Doch was heißt das konkret? Wie können wir Weihnachten nachhaltiger feiern, ohne das Gefühl zu haben, verzichten zu müssen?
Geschenke: Gezielter kaufen
Gut 300 Euro pro Person geben die Menschen laut GfK-Weihnachtsstudie von 2024 für Geschenke aus. Sie treffen damit aber längst nicht immer den Geschmack der Beschenkten – 40 Prozent waren 2023 mit mindestens einer Gabe unzufrieden. Die gute Nachricht: Immerhin 51 Prozent der Käufer berücksichtigen Nachhaltigkeitsaspekte. Aber da geht noch mehr.
Auf Plattformen wie Avocadostore etwa, einem Marktplatz für Eco-Fashion, lassen sich leicht verantwortungsbewusste Geschenkideen finden: Anhand von zehn Nachhaltigkeitskriterien, von fairer Produktion über recycelte Materialien bis hin zu Langlebigkeit, müssen alle Anbieter*innen begründen, inwieweit ihre Produkte ökologisch-sozialen Ansprüchen genügen. Auch Öko-Modeshops wie Greenality bieten faire Kleidung und langlebige Accessoires – ideal als Geschenk, das nicht nur für den Moment gedacht ist.
Einen Boom erlebt seit einigen Jahren das Upcycling: Alte Gegenstände bekommen ein neues Leben, etwa als handgemachte Accessoires, originelle Deko-Ideen oder individuelle Taschen. Kreative Rezepte reichen von Teelichtern aus Gläsern bis hin zu Grußkarten aus Stoffresten – frei nach dem Motto „aus Alt mach Kunst“. Websites wie diy-academy zeigen, wie’s geht.
Und dann sind da noch Geschenke, die gar keinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen: Spenden für karitative Organisationen oder Klimaschutzprojekte, Tier- und Baumpartnerschaften (etwa über den WWF), Streaming-Abos oder digitale Magazine. Großer Vorteil: Sie erzeugen keine Verpackung, sind meist sofort verfügbar und haben potentiell einen echten sozialen oder ökologischen Mehrwert.
Verpackungen: Kreativ und nachhaltig geht
Rund um Weihnachten steigt die Abfallmenge um 20 bis 25 Prozent an, hauptsächlich durch Geschenkpapier und Verpackungen von Online-Bestellungen. Jedes Geschenk wird einzeln verhüllt mit Schachteln, Folien oder Luftpolster – und nach dem Fest landet alles in der Tonne – aber es gibt Wege gegenzusteuern.
Wer nachhaltiger feiern möchte, kann schon beim Einkauf auf die Verpackung achten: Viele Online-Shops und Einzelhändler bieten inzwischen recyceltes Papier, Kartonagen aus nachwachsenden Rohstoffen oder wiederverwendbare Stoffbeutel und Tücher an. OTTO etwa verschickt ausgewählte Online-Bestellungen in vollständig kompostierbaren, biologisch abbaubaren Versandtüten.
Zuhause können alte Zeitungen, Landkarten oder Comics das Geschenkpapier ersetzen. Kreative Lösungen wie Furoshiki, die japanische Technik, Geschenke in Stoff einzuwickeln, sind dabei nicht nur nachhaltig, sondern auch besonders dekorativ. Bei den Kartonagen muss es nicht immer ein neuer Karton sein, hier können stabile, unbeschädigte Pakete wiederverendet werden. Wichtig dabei: Alte Barcodes entfernen, bevor die Sendung neu frankiert wird. Und noch ein Tipp: Naturmaterialien wie Tannenzweige oder Juteschnur als Dekoration nutzen und so teure, meist kunststoffhaltige Schleifen und Bänder vermeiden.
Ein bewusster Umgang mit Bestellungen und Retouren hilft zudem, den CO2-Fußabdruck beim Schenken kleiner zu halten – etwa durch das Kombinieren von Bestellungen oder die die gezieltere Auswahl von Produkten mithilfe von digitalen Tools wie eine Größenberatung.
Glanz ohne Reue: Weihnachtsbäume und Deko
Rund 25 Millionen Weihnachtsbäume stehen alle Jahre wieder in deutschen Wohnzimmern. Mehr als 90 Prozent stammen aus konventionellen Monokulturen, oft mit Pestizideinsatz. FSC– oder Bioland-zertifizierte Bäume werden zwar immer beliebter, machen aber bislang gerade mal ein Prozent des Marktes aus.
Und der Baum steht ja nicht einfach nur grün herum, erst elektrische Kerzen und Lichterketten lassen ihn strahlen. Das hat allerdings seinen Preis: Laut BUND verbrauchen Lichterketten und Co. in der Weihnachtszeit so viel Strom wie eine mittelgroße Stadt im gesamten Jahr.
Muss also im Dunkeln sitzen und einen einzelnen Tannenzweig anstarren, wer ein nachhaltiges Fest feiern möchte? Natürlich nicht.
Stattdessen lohnt es sich aus Umweltsicht, beim Weihnachtsbaum auf regionale oder mit Ökosiegel zertifizierte Bäumezu setzen, die ohne Pestizide und mit kurzen Transportwegen produziert werden. Immer mehr Familien entscheiden sich auch dafür, Bio-Tannen aus der Region zu kaufen oder selbst zu schlagen – und transportieren diese dann per Lastenrad nach Hause. Topfbäume, die nach den Feiertagen im Garten eingepflanzt oder weiterverwendet werden können, sind ebenfalls eine umweltfreundliche Alternative.
Und wer es puristisch mag, entscheidet sich vielleicht für den „Keihnachtsbaum“: ein Bastelset für ein zusammensteckbares Tannenbaumgestell, die Zweige werden als Schnittgrün im örtlichen Blumengeschäft gekauft. Vorsicht dagegen bei Plastikbäumen: Sie gleichen ihren ökologischen Fußabdruck erst nach vielen Jahren Nutzung aus, sodass echte Bäume langfristig oft die bessere Wahl sind.
Auch in Sachen Dekoration muss sich niemand den geliebten Glitzer nehmen lassen. LED-Lichterketten verbrauchen bis zu 90 Prozent weniger Strom als herkömmliche Lichter, Solar- oder Akkubetrieb reduziert den Energiebedarf weiter. Bei der Beleuchtung im Vorgarten helfen diese Tipps: Mit einzelnen Lichterketten Akzente setzen, statt das gesamte Areal in ein grelles Weihnachtswunderland zu verwandeln. Stromfressende Zusatzfunktionen wie Blinken und Farbwechsel weglassen. Niedrigere Helligkeitsstufen wählen und kürzer leuchten lassen – etwa mit Hilfe von Zeitschaltuhren, damit das Ausschalten nicht vergessen wird.
Für Schmuck und Anhänger am Baum schließlich bieten sich naturbasierte Materialien wie Holz, Stroh, Tannenzapfen oder getrocknete Orangenscheiben an, die nach den Feiertagen kompostiert oder wiederverwendet werden können. Kreative DIY-Ideen, etwa aus Stoffresten, alten Gläsern oder Papier, machen die Dekoration zudem individuell und zugleich nachhaltig.
Jenseits von Bling-Bling: Worum es wirklich an Weihnachten geht
Nachhaltige Weihnachten heißt also nicht Verzicht, sondern bewusste Entscheidungen auf vielen Ebenen: Geschenke, Verpackungen oder Gestaltung. Wer sorgfältig auswählt, Lust auf Kreativität und neue Lösungen hat, reduziert dabei nicht nur Müll & Co. Er oder sie richtet den Blick wieder auf das Wesentliche: gemeinsame Zeit und echte Freude. Wer nachhaltige Geschenke oder gemeinsame Aktivitäten auswählt, stärkt Beziehungen und schafft Erinnerungen, die weit über den Festtag hinaus reichen.
So wird Weihnachten nicht nur grüner, sondern auch nachhaltiger im wahrsten Sinn des Wortes. Für Menschen und Umwelt gleichermaßen.
