Hermes Retourentasche Hermes Germany x WILDPLASTIC®: Wie Plastik die Welt aufräumt und einen Mehrwert für Kund*innen schafft

„Aus Plastik, das die Welt aufräumt“ steht auf der blauen Hermes Retourentasche, die der Paketlogistiker seinen Kund*innen als praktischen Zusatzservice anbietet. Dahinter steckt Kooperationspartner WILDPLASTIC®, der „wildes“ Plastik aus der Umwelt holt. Ein Interview über Nachhaltigkeit und Hintergründe zur neuen Retourenlösung von Hermes Germany.

Die Hermes Retourentasche aus Plastik, das die Welt aufräumt (Foto: Bernd Westphal/WILDPLASTIC®)

Mit der Hermes Retourentasche, bestehend aus zu 100 Prozent recyclefähigem Granulat von WILDPLASTIC®, bietet der Hamburger Logistiker seinen Kund*innen seit September 2023 einen innovativen Zusatzservice für Rücksendungen an. Was es mit der Lösung auf sich hat, warum der Logistikdienstleister auf eine Tasche aus „wildem“ Plastik setzt und welche Mission WILDPLASTIC® verfolgt, darüber sprechen Alexander Bartelt, Head of Department Product & Partnermanagement bei Hermes Germany, und Katrin Oeding, Mitgründerin und CMO von WILDPLASTIC®, im Hintergrundinterview.


Hermes Germany bietet Kund*innen neuerdings eine spezielle Retourentasche an. Sollte im Sinne eines verantwortungsvollen und ressourcenschonenden Umgangs mit der Umwelt nicht die ursprüngliche Versandverpackung genutzt werden, wenn Artikel retourniert werden?

Alexander Bartelt: Das ist ein guter und wichtiger Punkt. Unser Gedanke bei der Hermes Retourentasche war nicht, eine standardmäßige „Ersatz-Retourenverpackung“ zu entwickeln. Vielmehr ist sie für spezielle Anwendungsfälle gedacht, wenn etwa die ursprüngliche Versandverpackung nicht mehr vorhanden, beschädigt oder schlicht zu groß ist. In dem Fall bieten wir mit unserer blauen Retourentasche eine sinnvolle und kostenlose Alternative. Für die Kund*innen ist sie unter anderem praktisch, wenn nur ein kleiner Teil einer Bestellung wieder zum Händler zurückgeht. Nehmen wir also mal an, ich bestelle eine Winterjacke, ein paar Schuhe und einen Pullover. Wenn ich davon nur den Pullover zurückschicken möchte, muss ich nicht die große Versandkartonage in den PaketShop bringen, was zu Fuß oder auf dem Fahrrad sehr unhandlich sein kann, sondern kann einfach mit dem viel kleineren Produkt dort hingehen.

Alexander Bartelt, Head of Product & Partnermanagement bei Hermes Germany (Foto: Otto Group)

Wie läuft das mit der Retourentasche genau ab? Kann jede*r die Tasche nutzen?

Alexander Bartelt: Egal wo in Deutschland, unsere Retourentasche ist kostenlos bundesweit an all unseren mehr als 16.500 PaketShops verfügbar. Wenn ich nun also beispielweise den eben genannten Pullover retournieren möchte, gehe ich einfach mit diesem und dem vom Versandhändler bereitgestellten selbstklebenden Retourenetikett oder QR-Code in den nächsten Hermes PaketShop, frage nach der Hermes Retourentasche und tüte meine Retoure direkt vor Ort im wahrsten Sinne des Wortes ein. Wichtig ist hier nur zu wissen, dass es bestimmte Vorgaben gibt, was etwa das Mindest- und Maximalmaß sowie den Inhalt angeht. Zu kleine oder leichte Produkte, das könnte etwa kleiner Schmuck sein, sind für die Tasche nicht geeignet, da unsere Sortieranlagen an den Logistikstandorten sie nicht automatisiert verarbeiten könnten. Genauso ist die Tasche etwa für Zerbrechliches oder Flüssiginhalte wie Parfumflakons nicht ausgelegt, da die Waren nicht ausreichend geschützt werden können. Für viele Waren kann die Versandtasche aber eine gute Wahl sein. Dabei spielt es keine Rolle, bei welchem Onlineshop die Ware bestellt wurde – egal wohin die Rücksendung geht, sie kann per Hermes Retourentasche verschickt werden.

„Plastik ist ein sehr wertvoller Rohstoff mit vielen Vorteilen“

Kooperationspartner der Retourentasche ist WILDPLASTIC®. Wie ist die Idee entstanden, Plastik in der Umwelt einzusammeln?

Katrin Oeding: Wir haben WILDPLASTIC® 2019 als Team gegründet, weil wir selbst aktiv werden wollten. Denn so haben wir keine Zukunft auf unserem schönen Planeten: Wir holen weltweit immer mehr fossile Energieträger aus dem Boden und nutzen die vorhandenen Ressourcen zu wenig. Unsere unternehmerische Antwort war, zu sagen: Wir wollen jetzt anpacken, wir wollen jetzt was verändern und wir wollen jetzt dafür sorgen, dass mehr von dem verwendet wird, was bereits da ist.

Was bedeutet „wildes“ Plastik und wo kommt es her?

Katrin Oeding: Wildes Plastik ist all das Plastik, welches sich außerhalb des Recyclingkreislaufs auf illegalen Mülldeponien, in der Natur oder im Straßenbild befindet. Gemeinsam mit lokalen Organisationen retten wird dieses wilde Material in Ländern wie Indien, Ghana, Nigeria, Thailand, Indonesien und Sierra Leone. Dabei sammeln unsere Partner*innen vor Ort überwiegend an Land, bevor das Plastik überhaupt in die Gewässer gelangt und von dort in die Ozeane gespült werden kann.

Katrin Oeding, Mitgründerin und CMO von WILDPLASTIC® (Foto: Anna Ziegler/WILDPLASTIC®)

Plastikvermeidung ist immer noch besser als Plastik zu recyceln, darüber hinaus wird der Plastikmüll rund um den Globus zur Weiterverarbeitung transportiert. Ist das insgesamt wirklich gut für die Umwelt?

Katrin Oeding: Plastik ist ein sehr wertvoller Rohstoff, der für verschiedene Verwendungen große Vorteile gegenüber anderen Materialien besitzt. Ein Versandtasche aus Folienplastik ist zum Beispiel leicht, reißfest und wasserabweisend. Daher ist es wichtig, das bereits bestehende Plastik wieder zu nutzen. Bevor wir unser erstes Produkt überhaupt hatten, haben wir ein Life-Cycle-Assessment, also eine Ökobilanzierung gemacht. Wir haben geschaut: macht es aus der CO2-Bilanz-Perspektive Sinn, wildes Plastik zu retten. Das Ergebnis: Im Vergleich der Umweltauswirkungen mit ähnlichen Produkten schneiden unsere Produkte im Durchschnitt besser ab. Auch wenn es auf den ersten Blick verrückt erscheint: Da die Erdölförderung und Produktion von Neuplastik so CO2 intensiv ist, ist es nachhaltiger, das gesammelte Folienplastik zu transportieren und zu recyceln.

Umweltschutzansprüche vereint mit Anforderungen der Logistikkette

Wie sah der Findungsprozess für diesen neuen Service von Hermes Germany aus? Was gilt es bei der Entwicklung einer solchen Lösung, speziell mit Blick auf die logistischen Prozesse, zu beachten?

Alexander Bartelt: Wir haben tatsächlich etwas länger nach einer zu uns passenden guten Lösung gesucht. Denn diese soll ja nicht nur Umwelt- und Klimaschutzansprüchen genügen, sondern auch den Anforderungen einer hochautomatisierten Logistikkette gerecht werden. Unsere erste Idee war, eine Verpackung auf Basis von Recyclingpapier zu nutzen. Doch es stellte sich schnell heraus, dass zum einen der Schutz der Versandartikel nicht ausreichend gewährleistet werden konnte. Zum anderen ist eine papierbasierte Lösung aus ökologischer Sicht nicht per se die bessere Wahl – auch wenn der erste Impuls oftmals in diese Richtung geht –, da die Produktion von Papiertüten sehr energie- und wasserintensiv ist. Außerdem sollte die Lösung auch für unsere PaketShop-Partner möglichst platzsparend und gut umsetzbar sein. Letztlich haben wir deshalb den Weg in Richtung WILDPLASTIC® eingeschlagen, da es mit Blick auf unsere Anforderungen die passendste Lösung darstellt.

Gab es auch Überlegungen in Richtung Mehrweg-Versandverpackungen?

Alexander Bartelt: Natürlich prüfen wir kontinuierlich alle Optionen im Markt. Die Idee von Mehrweg-Versandtaschen ist grundsätzlich sehr nachvollziehbar – und sie könnten künftig eine mögliche Erweiterung unseres Services sein, wenn uns ein System sowohl ökonomisch als auch ökologisch vollends überzeugt. Dies war aber bislang für unsere Einsatzzwecke noch nicht der Fall, die Anforderungen unserer logistischen Prozesse sind sehr vielfältig. Aber vor allem soll unsere Retourentasche auch unabhängig vom Versandhändler funktionieren. Daher ist für uns aktuell die Variante aus wildem Plastik die beste Lösung.

Erhofft sich Hermes Germany durch den Einsatz der Retourentasche Einsparpotenziale bezüglich der Auslastung von Transportern und der CO2-Effizienz?

Alexander Bartelt: Grundsätzlich war es uns wichtig, sowohl eine für Kund*innen komfortable als auch eine umwelt- und klimaverträgliche Lösung zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit WILDPLASTIC® ist dabei ein wichtiges Element. Mit Blick auf das Thema CO2 ist es so: Wenn Retouren statt in einem großen, gegebenenfalls fast leeren Karton in unserer neuen Retourentasche zurückgeschickt werden, wird hierdurch das Volumen der Retourensendung deutlich reduziert. So eröffnet sich grundsätzlich die Möglichkeit, mehr Sendungen pro Zustellfahrzeug bzw. Lkw transportieren zu können. Wenn dadurch dann sogar Fahrten eingespart werden würden, schlägt sich dies in weniger Emissionen nieder. Wie viel CO2 durch den Einsatz der neuen Retourentaschen tatsächlich eingespart werden wird, lässt sich aber heute nicht sagen.

„Unser Ziel ist es, uns selbst überflüssig zu machen“

Was macht für euch die Zusammenarbeit mit Hermes Germany so spannend?

Katrin Oeding: Hermes Germany ist ein starker Partner, der es uns ermöglicht, noch mehr wildes Plastik aus der Umwelt zu retten, mehr CO2 zu sparen und noch mehr schwer arbeitenden Sammler*innen bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Das freut uns sehr und wir hoffen damit, ein positives Zeichen für weitere Unternehmen zu setzen, für die Nachhaltigkeit nicht nur ein Marketingversprechen ist. Denn es braucht viele von uns – eigentlich alle von uns.

Wo geht die weitere Reise mit WILDPLASTIC® hin, was möchtet ihr noch erreichen?

Katrin Oeding: Unsere Mission ist es, auch den letzten Fetzen wildes Plastik aus der Umwelt zu holen. Wenn das erreicht ist, braucht es WILDPLASTIC® eigentlich nicht mehr. Unser Ziel ist es also, uns selbst überflüssig zu machen. Deshalb haben wir WILDPLASTIC® auch als Purpose GmbH gegründet. So bleibt die Verantwortung im Unternehmen, Sinn und Zweck sind nachhaltig abgesichert. Hört sich wild an? Wir sind auch wild: wild drauf, wirklich etwas zu verändern.

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