Hermes Newsroom

50 Jahre Hermes: Jubiläums-Interview: „Toll, dass man rund die Hälfte dieser Zeit mitgestaltet hat“

(Foto: Hermes Germany)

Jens, du bist schon 30 Jahre bei Hermes, Martin du 20 Jahre: Welche Momente fallen euch ein, wenn ihr an die frühen Jahre zurückdenkt?

Jens Kothmann: Ich erinnere mich noch gut an einen Aufkleber namens Piggyback, auf dem Sendungsnummer und Adresse standen. Den mussten wir auf ein DIN A5-Blatt kleben, auf dem der Kunde dann unterschrieben hat. Und ich werde wohl nie vergessen, dass ich Ende der 1990er mit 190 Paketen beladen in die Kurve fuhr, die Vorderachse brach und ich quasi auf der Straße saß. Das würde bei den heutigen modernen Fahrzeugen wohl eher nicht passieren. Dann erinnere ich mich noch an den Drei-Tages-Zyklus bei der Zustellung und auch an die ganz spezielle Zustellung in damals „abgelegenen“ Gebieten: Da ist man als Zusteller mit 200 bis 300 Paketen beispielsweise ins Erzgebirge gefahren, hat sich in eine Pension eingemietet und zwei bis drei Tage lang die Pakete nach und nach ausgefahren.

Martin Eichmann: Mir fällt der Unterschied zu heute vor allem bei den Scannern, der gesamtem IT und der Sortiertechnik auf. Da ging früher das meiste mit händischer Sortierung, und die Codierung des Zustellgebiets (TEZE Zuordnung) musste man auswendig kennen. Auf den Paketen befanden sich auch 14-stellige Barcodes und ich musste ich die Abgangslager – das waren die ersten beide Stellen – jedes einzelnen Versenders auswendig lernen. Wenn der zum Beispiel mit 60 anfing, war es der Hanseatische Wein- und Sekt-Kontor (Hawesko), das weiß ich heute noch. Heute bringen viele Tools die Sendungssortierung auf ein zeitgemäßes Niveau, nicht zuletzt die liebgewonnene und nicht mehr wegzudenkende digitale Tourensortierung. Die einzige Konstante ist eben der Wandel – das trifft auf die Paketlogistik schon besonders gut zu. Zum 50-jährigen Jubiläum denkt man auch mal drüber nach, was in den letzten Jahren so los war und ich finde es toll, dass ich fast die Hälfte dieser Zeit miterleben und mitgestalten konnte.

Jens Kothmann und Martin Eichmann beim Interview via Videocall (Foto: Hermes)

Jeder Standort hat seine regionalen Besonderheiten

Wie seid ihr damals überhaupt zu Hermes gekommen?

Jens Kothmann: Ursprünglich war ich in der Metallverarbeitung tätig, ich habe Dreher und Werkzeugmacher gelernt und im sächsischen Hohenstein-Ernstthal gearbeitet. Dann kam die Wende und einige Unternehmen gingen kaputt – auch das, in dem ich arbeitete. Direkt gegenüber war der volkseigene Betrieb (VEB) Möbelstoff- und Plüschwerke, der natürlich auch geschlossen wurde. Die große leere Halle hat Hermes angemietet und ich fing da als Zusteller an, um ein paar Wochen zu überbrücken. Aus den paar Wochen sind gerade 30 Jahre geworden. Erst war ich Aushilfe und dann wurde ich als Kundenbetreuer fest übernommen.

Martin Eichmann: Ich komme tatsächlich genau wie Jens aus der ehemaligen DDR: Ich bin in Ost-Berlin geboren. Ursprünglich wollte ich Offizier werden, bis ich feststellte, dass ich das nicht 25 Jahre lang machen will. Dann habe ich „abgekohlt“, also verkürzt – dafür musste ich zusätzlich noch 1,5 Jahre Wehrdienst leisten und hatte in der DDR fünf Jahre Studienverbot. Danach bin ich nach Köln gegangen, war bei einigen Paketdienstleistern tätig und habe im Dezember 2002 als Depotleitervertreter bei Hermes in Köln angefangen. Dort habe ich mich Hermes-intern auf die Position eines Niederlassungsleiter-Springers beworben – davon hatte damals jede Region einen. Das habe ich mir ganz bewusst so ausgesucht, denn ich wollte immer mal was sehen von der Welt. Ich war an verschiedenen Hermes Depots im Einsatz, unter anderen in Düsseldorf, Saarbrücken, Koblenz, Braunschweig, Kassel, aber auch in Österreich: Da hat Hermes ja 2007 auch einmal einen Anlauf gemacht, Fuß zu fassen. Das hatte schon seinen Reiz: Man denkt zwar immer, das ist ja alles Hermes, aber so ist es nicht: Es hat einfach jeder Standort seine regionalen Besonderheiten.

Von Köln nach Erfurt und von Sachsen nach Düsseldorf

Wie ging es dann weiter? Wie seid ihr da gelandet, wo ihr heute seid?

Martin Eichmann (Foto: Hermes)

Martin Eichmann: Die Strukturen haben sich geändert und es gab die Position Niederlassungsleiter-Springer nicht mehr. Da habe ich dann das Angebot erhalten, in Erfurt ein festes Depot zu übernehmen und so bin ich seit 2018 Depotmanager. Mein Erstwohnsitz ist aber Köln und wird es immer bleiben. Nach Erfurt pendle ich unter der Woche.

Jens Kothmann: Während Martin von Köln nach Erfurt gewechselt ist, bin ich von Sachsen nach Düsseldorf gegangen – den Wechsel hat mir Hermes ermöglicht. Meine Frau ist Holländerin und ich wohne heute auch mit ihr in Holland und pendle nach Düsseldorf. Dort werde ich nur „der holländische Sachse“ genannt – ich habe ein gelbes Nummernschild und wenn ich anfange zu sprechen, kann ich meine Herkunft nicht verbergen.

„Im Herzen bin ich immer noch Kundenbetreuer“

Ihr seid also eine Hermes-interne Wiedervereinigungsgeschichte! Was macht für euch denn den Reiz der Fläche aus? Oder könntet ihr euch auch vorstellen, in einem Büro in der Zentrale in Hamburg zu arbeiten?

Jens Kothmann (Foto: Hermes)

Jens Kothmann: Ich jedenfalls nicht. Ich hatte immer schon wahnsinnig gern mit Menschen zu tun, momentan fahre ich PaketShop-Touren. Im Herzen bin ich immer noch Kundenbetreuer und will nicht nur ein Paket abliefern. Mir ist der persönliche Kontakt wichtig, ich will richtig guten Service anbieten – und die Resonanz darauf war immer positiv.

Martin Eichmann: Wer mich kennt, weiß, dass für mich ein Büro in der Zentrale nicht das Richtige wäre. Für ein Depot verantwortlich zu sein fühlt sich für mich an, wie eine mittelständische Firma zu leiten. Man ist verantwortlich für alles: das Organisieren, die Kosten, die Leute. Ein absoluter Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Mitarbeiterführung, denn die Kolleg*innen sind ja unser entscheidendes Potential: Sie sind der Grund dafür, dass Hermes nun seit 50 Jahren ein erfolgreiches Unternehmen ist.

E-Sprinter, Cargobikes, Pellet-Heizung und Plastikverzicht

Hast du am Depot Erfurt auch mit dem Thema Nachhaltigkeit zu tun?

 Martin Eichmann: Damit sind wir sehr stark beschäftigt: Wir haben jetzt zwei E-Sprinter am Depot und ab Juli werden in hier in der thüringischen Landeshauptstadt drei Postleitzahlbereiche über Lastenräder beliefert. Weitere Postleitzahlen- und Zustellgebiete folgen sukzessive. Fünf Cargobikes mit 10 bis 20 Kilometer Reichweite werden dort emissionsfrei zustellen. So ein Lastenrad hat weitere Vorteile: Man braucht keinen Führerschein und kann ohne besondere Genehmigungen in die Einkaufszonen hineinfahren. Die Schwierigkeit vieler Städte, zentral gelegene Mikrodepots zu finden, konnten wir umgehen, da sich in Erfurt die Zustellbasis eines Generalunternehmers dafür eignet.

 Jens Kothmann: Ein Lastenrad würde ich jetzt zwar in meinem Alter nicht mehr fahren wollen (lacht), aber Hermes macht ja da ganz viel – zum Beispiel haben wir hier in Düsseldorf eine Pellet-Heizung. Und auch wir Mitarbeiter können vor Ort etwas tun: Wir haben zum Beispiel bei unserer Kaffeemaschine Plastikbecher komplett abgeschafft.

Martin Eichmann: Das haben wir auch…versucht! Darf ich mal fragen, wie das bei euch mit den Kaffeetassen funktioniert? Bei uns sind die alle immer weg.

Jens Kothmann: Bei uns auch. Der Trick ist: Ich habe einfach meine eigene, die ich mit nach Hause nehme und dort in die Spülmaschine stecke.

Vielen Dank für eure Einblicke!


50 Jahre Hermes (Grafik: Hermes)

Weitere Informationen und Hintergründe rund um das 50-jährige Jubiläum von Hermes gibt es auf der Fokusseite „50 Jahre Hermes“ hier im Newsroom.

Die mobile Version verlassen