So geht Einkaufen morgen: Kunden bestellen ihren Waren per Knopfdruck direkt von dort, wo sie knapp werden, aus dem Badezimmer oder der Küche. Anders als bei Abo-Modellen erhalten die Käufer ihren Nachschub nach ihrem tatsächlichen Bedarf.
Es gibt Produkte, die jeder im Haus hat. Und weil sie so selbstverständlich sind, vergisst man sie gerne auch einmal. Waschmittel zum Beispiel. Oder Zahnpasta. Bei Männern sind es oft Rasierklingen. Jetzt naht Rettung. Wer den Rasierer von Gillette nutzt, muss künftig nicht mehr stoppelig aus dem Haus gehen, nur weil ihm die Klingen ausgegangen sind. Er bestellt sie einfach im Badezimmer per Knopfdruck nach.
Diese neue Art des Orderns stellte das Hamburger E-Commerce-Unternehmen Perfect Shops zur CeBIT im März vor. Für den Service haben die Hamburger die Zigarettenschachtel-große Aufbewahrungsbox für den Rasierer mit einem winzigen Funkmodul und einer SIM-Karte aufgerüstet. Sie funktioniert mit einem M2M(Machine-to-Machine)-Dienst der Telekom. Jede Box besitzt dabei eine eigene, unverwechselbare Identität (ID-Kennung). Der Kunde registriert sich vor dem ersten Kauf im Online-Shop des Handelspartners, wählt die gewünschten Klingen aus und hinterlegt seine Rechnungs- und Lieferadresse. Geht später der Vorrat zur Neige, genügt ein Knopfdruck zum Bestellen der Ersatzklingen. Die Bestätigung erfolgt per E-Mail. In der Regel trifft die Lieferung innerhalb von 24 Stunden ein. „Anders als bei den bekannten Abo-Modellen erhält der Kunde seine Waren genau nach Bedarf“, erklärt Perfect-Shops-Gründer Nils Gründler. Diese Lösung befindet sich derzeit im Testlauf.
Hochwertige Produkte aus dem Automaten
Durch die zunehmende Vernetzung von Produkten, Geräten und Diensten ergibt sich für Hersteller, Händler und Kunden eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Zum Beispiel bei den altbekannten Automaten an Bahnhöfen. Schon lange lassen sich dort Kleinwaren rund um die Uhr ziehen. Aufgefüllt wurden die Automaten bisher in regelmäßigen Abständen und nicht nach Bedarf. Durch die moderne Maschinenkommunikation kann neue Ware inzwischen genau dann nachgelegt werden, wenn ein Produkt tatsächlich ausgeht. Damit lassen sich auch höherwertige Waren in Automaten verkaufen. Das nutzt etwa der Bielefelder Hemdenhersteller Seidensticker. Zusammen mit seinem Telekommunikationsanbieter Telefónica hat er einen „Hemdenautomat“ entwickelt. Bestückt ist der stumme Verkäufer mit Hemden in den typischen Business-Farben Weiß, Hellblau und Rosé in den gängigsten Größen. Hat ein Geschäftsmann sein Hemd bekleckert, zieht er sich einfach ein neues. Sobald eine Farbe oder Größe knapp wird, ordert der Automat von selbst Nachschub im Logistiklager des Herstellers. Seidensticker plant, noch in diesem Jahr Hemdenautomaten in von Geschäftsleuten stark frequentierten Hotels aufzustellen.
Händler dringen in das Zuhause der Kunden vor
Wie die Gillette-Box von Perfect Shops geht auch der Dash Button des Online-Riesen Amazon mit seiner automatisierten Bestellfunktion einen Schritt weiter als der Hemdenautomat – nämlich direkt zum Kunden nach Hause. Das kleine, längliche Gerät mit dem Logo des jeweiligen Herstellers und einem integrierten Bestellknopf können sich vorerst nur Amazons Prime Kunden in den USA direkt auf die Waschmaschine, den Kaffeeautomaten oder an den Schrank für den Nachschub von Naschwerk kleben. Um den Dash Button zu aktivieren, startet der Kunde eine Amazon-App auf seinem Smartphone zu Hause und legt fest, welches Produkt er nachkaufen will. Sobald Button und Smartphone einmal miteinander verbunden sind, genügt ein Knopfdruck für die Bestellung. Sicherheitshalber schickt Amazon eine Benachrichtigung auf das Smartphone. So kann der Kunde seine Order kontrollieren oder stornieren, wenn er den falschen Knopf gedrückt hat.
Die Knöpfchen mit Köpfchen bieten viele Möglichkeiten: Das schwedische Startup Shortcut Labs etwa stattet seine bunten Knöpfe namens Flic mit häufig genutzten Funktionen und Apps des Smartphones aus. Der Kurzstreckenfunk Bluetooth verbindet dabei die zuvor festgelegte Knopf-Funktion mit dem Smartphone. Durch eine vorgegebene Telefonnummer kann darüber beispielsweise die Lieblingspizza geordert werden. Den Handel einzubinden, wäre der nächste logische Schritt.
Das neue Bestellmodell ist jedoch nicht auf alle Produktkategorien übertragbar: „Praktisch ist es vor allem für Versorgungskäufe, die dem Konsumenten eher lästig sind und die er auf diese Weise bequem erledigen kann“, erklärt Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung IFH in Köln. Dazu zählen etwa Kosmetikartikel, Waschmittel, Tierfutter oder auch die immer beliebteren Kaffeekapseln.
Während Perfect Shops seine Box allen zur Verfügung stellen will, sieht Hudetz bei Amazons Dash Button ein Risiko für den traditionellen Handel: „Wenn Amazon erst einmal sein System etabliert hat, dürfte es für konkurrierende Lösungen sehr schwer werden. Das zeigte bereits das Beispiel Kindle“, sagt er. Nur durch den Zusammenschluss mehrerer stationärer Buchhändler und Technologiepartner gelang es, den Tolino neben Amazons E-Reader in Deutschland zu etablieren und den Kindle-Anteil im Markt zu verringern.