Frauen in der Logistik „Alles ist immer im Wandel: Das reizt mich am Thema Zoll“

Damaris Lutz begeistert sich für einen Bereich, der Nicht-Expert*innen recht trocken vorkommen mag: Sie findet es spannend, Unternehmen und Dienstleistern bei ihren Anliegen rund um den Zoll zu helfen. Dafür ist sie viel unterwegs, was ihrer großen Reiselust entgegenkommt.
Cargo Logistik

(Foto: Aun Photographer/Shutterstock.com)

Die Logistik gilt nach wie vor als Männerdomäne. In unserer Serie „Frauen in der Logistik“ stellen wir regelmäßig Mitarbeiterinnen aus den unterschiedlichsten Bereichen vor. Diesmal: Damaris Lutz, die Unternehmen und Dienstleistern in Zoll-Angelegenheiten hilft.

Damaris, du bist Regional Sales Manager Customs Solutions bei Hermes International, einem Geschäftsbereich der Hermes Germany. Das klingt kompliziert – kannst du erklären, was du genau machst?

Damaris Lutz: Zusammen mit meinem Kollegen Thomas Gau bin ich Ansprechpartnerin für die Hermes Zollabteilungen. Wir sind für den Verkauf von Zolldienstleistungen zuständig und bieten Schulungen und Seminare für Firmen oder andere Dienstleister an. Wir beraten die Unternehmen dabei, wie sie ihre Prozesse und Zollabläufe so optimieren können, dass sie am Ende Zölle einsparen. Mit einem 360°-Scan, der einer Zoll- und Außenwirtschaftsprüfung sehr nahekommt, erhalten Unternehmen eine Analyse ihrer aktuellen Abläufe und Compliance. Das Zollthema wird aufgrund aktueller Entwicklungen wie beispielsweise schärferer Außenwirtschaftsprüfungen oder Antidumpingzöllen immer wichtiger für Unternehmen, die teilweise nicht genug eigenes Wissen im Haus haben.

„Mit meiner Begeisterung für den Zoll stecke ich gern andere an“

Damaris Lutz, Regional Sales Manager Customs Solutions bei Hermes International (Foto: Hermes)

Es klingt auf jeden Fall nach viel Bürokratie und Papierkram. Warum kannst du dich dennoch so für den Zollbereich begeistern?

Damaris Lutz: Viele sagen, das Thema sei trocken und es gebe zu viele Verordnungen, Artikel und Paragrafen. Für mich ist aber gerade das Spannende, dass es jeden Tag etwas Neues gibt, und alles immer im Wandel ist. Das reizt mich am Thema Zoll. Es gibt nie den Zustand, in dem man sagt: Super, jetzt weiß ich alles und das bleibt dann so. Wenn ich an diesem Punkt ankomme, würde es für mich langweilig werden. Mit meiner Begeisterung stecke ich auch gerne andere an: Zum Beispiel in den Schulungen für die Azubis, die haben noch weniger Vorbehalte.

Wusstest du schon immer, dass du in die Logistik willst?

Damaris Lutz: Nein, gar nicht. Ursprünglich habe ich Tierarzthelferin gelernt und fünf Jahre in dem Bereich gearbeitet. Finanziell ist das aber leider sehr unattraktiv. 2007 habe ich mich dann entschieden, eine Ausbildung zur Kauffrau für Speditions- und Logistikdienstleistungen zu machen. Den Logistikbereich fand ich sehr interessant, weil er so vielfältig ist und es verschiedene Wege gibt, die man einschlagen kann. Sehr schnell war für mich dann klar, dass ich im Bereich Zoll arbeiten möchte. Die Hälfte der Ausbildung habe ich in einer Air Import und Brokerage Abteilung gearbeitet, in der ich im Anschluss auch übernommen wurde. Nach der Ausbildung war ich drei Monate in San Francisco und konnte mir die Exportzoll-Seite in den USA anschauen.

Beruflich nie an einem Ort und privat gern in Uganda

Stillstand ist nicht deine Sache, oder?

Damaris Lutz: Stimmt. Ich bin auch sehr reiselustig und will nicht zu lange an einem Ort bleiben. Ich sitze in Stuttgart, heute geht es noch nach Frankfurt, morgen nach Kassel, danach ist Hamburg an der Reihe, wo ich beispielsweise ein Meeting mit About You habe – genau wie Hermes ein Tochterunternehmen der Otto Group. Auch privat finde ich es super, unterwegs zu sein. Ende 2020 habe ich meinen alten Job gekündigt, mir acht Monate Auszeit genommen und war unter anderem zwei Monate auf Kuba und drei Monate in Uganda. Dort habe ich ein Waisenhaus unterstützt. Sobald ich Urlaub habe, geht es wieder dahin.

Das klingt nach einem tollen Projekt! Nach deiner Rückkehr hast du dann den Arbeitgeber gewechselt und im Oktober 2021 bei Hermes angefangen. Wie ist die Zeit bisher verlaufen?

Damaris Lutz: Ich fand es toll, weil – und da sind wir wieder beim Thema – hier kein Stillstand herrscht. Man ist offen für Neues, und es ist bei weitem kein Unternehmen, das sagt: Das haben wir aber schon immer so gemacht. Wenn man Ideen hat, wie man etwas umstellen könnte oder einen Produktvorschlag hat, der neue Möglichkeiten eröffnet, stößt man auf offene Ohren.

„Diversität sollte nicht auf das Geschlecht beschränkt werden“

Hattest du zu Anfang Sorge, in der „Männerbranche“ Logistik zu bestehen?

Damaris Lutz: Nein, überhaupt nicht. Tatsächlich war das auch nie ein Thema und ich hatte nie das Gefühl, höhere Hürden bezwingen zu müssen als Männer. In unserem Team bewahrheitet sich das Vorurteil auch nicht: Wir sind rund die Hälfte Frauen und ein gemischtes Team. In der öffentlichen Diskussion würde ich mir oft wünschen, dass die Diversität nicht nur auf das Geschlecht beschränkt wird. Ich halte zum Beispiel das Alter für einen enorm wichtigen Aspekt: Kein junger Mensch kann das Wissen und die Erfahrung mitbringen, die ältere Kolleg*innen haben – Nachwuchs ist aber wichtig, um frischen Wind und neue Ideen reinzubringen.

Nochmal zu deinen konkreten Aufgaben: Was sind momentan die größten Herausforderungen beim Thema Zoll?

Damaris Lutz: Die aktuellen Herausforderungen der Industrie sind unter anderem die Antidumpingzölle. Die beschäftigen viele der Unternehmen, die wir beraten. Diese Ausgleichszölle werden beispielsweise von der EU erhoben, wenn Waren mit zu niedrigeren Preisen gehandelt werden, weil sie staatlich subventioniert werden. Ein Beispiel: Werden Schrauben in China unter den Herstellungskosten verkauft, können nach einer Prüfung der EU-Kommission Antidumpingzölle erhoben werden, um die Wettbewerbsverzerrung abzufedern. Diese Kosten müssen die Unternehmen in die Kalkulation einbeziehen, oder je nach Bearbeitung spezielle Zollverfahren in Betracht ziehen.

Meist entsteht eine gute und enge Zusammenarbeit

Wird eine Ware veredelt – also beispielsweise aus Stoff ein Kleid gemacht – und wieder in ein Drittland überführt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Zölle zu vermeiden oder zu reduzieren. Diese Herausforderungen sind für uns dann die Möglichkeiten, unseren Kund*innen zu helfen. Mit diesen entsteht oft eine gute und enge Zusammenarbeit, da es hilft, wenn man die Besonderheiten des Unternehmens gut kennt: So läuft bei der Verzollung alles richtig und hohe Kosten werden vermieden.

Das sind wirklich schwierige, knifflige Aufgaben. Was sind die Momente, die dich in der Arbeit glücklich machen?

Damaris Lutz: Etwa Kundentermine, für die man vorab erstmal gar nicht viel erwartet hat: Manchmal kristallisiert sich erst während des Gesprächs heraus, wie man die Zollprozesse optimieren kann – dann können wir Kund*innen oft eine Lösung präsentieren, mit der sie wirklich Zölle einsparen können.

Vielen Dank für deine Einblicke!

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