Mobilität „Mit dem Lastenrad sind wir ein echter Hingucker“ – Hermes-Zusteller Serdöl Zeyrekerler im Interview

Cargobikes sind für Hermes eine wichtige, alternative Zustellmethode, um Sendungen umweltschonend abzuliefern und gleichzeitig der angespannten Verkehrssituation in den Innenstädten entgegenzuwirken. Auch auf die Arbeit der Zusteller*innen haben sie positive Effekte. Hermes-Zusteller Serdöl Zeyrekerler berichtet im Interview von seinen Erfahrungen.

Zusteller Serdöl Zeyrekerler bei der Paketauslieferung mit dem Lastenrad in Hamburg (Foto: Hermes)

Serdöl Zeyrekerler arbeitet als Zusteller in dem Mikrodepot in der Hamburger Innenstadt, das seit 1. April 2021 von mehreren Unternehmen – darunter auch Hermes –  erfolgreich kooperativ genutzt wird. Zum Einsatz kommen hier neben E-Transportern auch eine Handvoll elektrisch betriebener Cargobikes, die für eine CO2-freie Zustellung im Innenstadtbereich der Hansestadt sorgen. Der 48-Jährige freut sich, dass er mit seinem Job zum Klimaschutz beitragen kann – und dass sein auffälliges Gefährt nicht nur bei Tourist*innen riesige Neugierde weckt.

Einblick in den Arbeitsalltag mit Lastenrad.

Hermes-Zusteller Serdöl Zeyrekerler (Foto: Hermes)

Du fährst Lastenrad, stellst größere Sendungen aber auch per E-Transporter zu. Wenn du unterwegs bist, wo liegen für dich die Unterschiede zwischen Rad und Auto?
Ich genieße es total, mit dem Lastenrad unterwegs zu sein, weil es einfach ein entspanntes Fahren ist. Mit dem E-Transporter stehe ich häufig im Stau, weil in der Hamburger Innenstadt sehr viel Verkehr ist, dazu kommt die Wartezeit an roten Ampeln. Das kann irgendwann stressig werden, wenn du nicht vorankommst. Mit dem Lastenrad fahre ich direkt vor die Haustür, halte kurz, übergebe das Paket und fahre weiter. Das ist einfach unkompliziert und bequem. Ganz nebenbei mache ich noch Sport und bleibe fit.

Auch das Parken in zweiter Reihe entfällt.
Natürlich. In der Vergangenheit habe ich es mit dem Transporter oft erlebt, dass selbst das Parken in zweiter Reihe, auch wenn ich versuche es zu vermeiden, nicht möglich war. Du stellst das Auto dann etwas weiter weg ab und denkst: Okay, jetzt muss ich zu Fuß die Pakete bis an die nächste Häuserecke bringen. Wie viele Pakete kann ich wohl bis dorthin tragen? Das fällt mit dem Lastenrad komplett weg.

Wie stark sinkt dein Stresslevel, wenn du mit dem Cargobike unterwegs bist?
Ich würde sagen, um 70 bis 80 Prozent. Mit einem gewöhnlichen Transporter hast du viele Dinge, die von Passant*innen als störend wahrgenommen werden. Mit dem Lastenrad ist alles deutlich entspannter.

Mit schnell bist du mit deinem Lastenrad?
Etwa 20 bis 25 km/h. Ich bin also etwa genauso schnell wie die meisten Radfahrer*innen. In der Innenstadt musst du sehr aufmerksam fahren, weil der Verkehr so unruhig ist, daher bin ich ganz froh, dass die Cargobikes nicht noch schneller sind. Dadurch, dass ich überall vor der Haustür halten kann, habe ich es auch nicht besonders eilig.

Die klassische Fahrradspur auf deutschen Bürgersteigen ist nur 50 Zentimeter breit. Reicht das überhaupt für eure Cargobikes?
Optimal ist das nicht. Wir teilen uns diese Spur ja auch noch mit anderen Radfahrer*innen, da kann es manchmal auch eng werden. Im Notfall weichen wir auf die Straße aus. In Hamburg verändert sich aktuell aber sehr viel. Es werden mehr Fahrradspuren und eigene Radwege gebaut. Und davon profitieren auch wir.

Mit dem Lastenrad durch die Mönckebergstraße in der Hamburger Innenstadt (Foto: Hermes)

Gibt es dir ein gutes Gefühl, dass du CO2-neutral unterwegs bist, oder ist dir das egal?
Natürlich ist das genial. Früher bin ich gewöhnliche Transporter gefahren und weiß, was der Autoverkehr mit der Luft in einer Stadt wie Hamburg macht. Für mich ist es ein schönes Gefühl, dass ich der Umwelt etwas zurückgeben kann. Vielleicht sind eines Tages nur noch Elektroautos und Bikes auf den Straßen unterwegs? Das wäre super.

In welchen Stadtgebieten bist du per Cargobike unterwegs und wie viele Pakete hast du im Schnitt bei einer Tour dabei?
Meine Tour geht durch St. Georg, am Hauptbahnhof entlang in Richtung Berliner Tor, zur HafenCity und natürlich durch die Innenstadt. In den Stauraum meines Cargobikes passen knapp 120 Sendungen rein.

Und wie sind die Reaktionen von Passant*innen?
Absolut super, für die meisten sind wir ein echter Hingucker. Ich begegne jeden Tag verschiedenen Leuten, die Fotos machen wollen, mich ansprechen und fragen: Wie fährt sich das eigentlich so? Wie fühlen Sie sich, mit dem Lastenrad unterwegs zu sein? Viele haben so ein Teil noch nie gesehen und sind einfach neugierig. Ich erkläre ihnen dann, wie das Cargobike funktioniert, etwa wo sich der Akku für den Antrieb befindet und dass dieser am Ende eines Tages etwa 40 Prozent verbraucht hat. Manche fragen auch, ob sie mal eine Runde auf dem Rad drehen können. Ich muss sie dann leider vertrösten – auch wir Fahrer*innen bekommen zunächst eine ausführliche Einweisung, bevor wird das erste Mal unterwegs sind.

Wie fühlt sich das Fahren denn an?
Es ist nicht vergleichbar mit dem Gefühl, dass wir vom Radfahren kennen. Es ist ein bisschen so, als würde man ein Mofa oder einen Smart fahren, weil man hinter sich den kastenförmigen Laderaum hat. Tritt man aber in die Pedale, denkt man: Aha, ist ja doch wie beim Fahrrad! Geht alles ganz leicht und unkompliziert mit dem elektrischen Antrieb. Man muss es einfach mal ausprobieren.

Und das Hamburger Wetter? Wie ist es, bei Regen unterwegs zu sein?
Ach, das ist nicht so schlimm. Wir haben ein Dach über dem Kopf und Scheibenwischer vorne. Mal gucken, wie der nächste Winter wird. Extremer Schneefall ist in Hamburg zum Glück eine ziemliche Seltenheit und die Winter sind meistens mild. Und kalt wird einem ohnehin nicht, weil man die ganze Zeit in Bewegung ist.

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