Augmented Reality: Hermes App erkennt Paketgröße per Smartphone-Kamera
Felix, Dein Entwicklerteam hat die Hermes-App für iOS um einen Augmented-Reality-Paketklassenrechner erweitert. Was ist das?
Felix Margraf: Der neue Paketklassenrechner ermöglicht es dem Kunden, einfach und komfortabel per Smartphone-Kamera die richtige Paketgröße virtuell zu ermitteln. Ein „physisches“ Ausmessen von Paketen, etwa per Zollstock, wird dadurch hinfällig. Für die Entwickler war dieses Feature durchaus eine Herausforderung, die Technologie ist eben noch sehr neu – aber gerade deshalb natürlich auch hochspannend.
Wie funktioniert die Technik genau?
Felix Margraf: Die Technik basiert auf Augmented Reality, also grob übersetzt einer computergestützten Erweiterung unseres Sichtfeldes bzw. unserer Realität. Wir nutzen dafür das von Apple entwickelte AR-Kit, das im letzten Herbst mit iOS 11 veröffentlicht wurde. Dieses AR-Kit ermöglicht einem iPhone, Flächen in einem Livebild zu erkennen, Objekte darin zu platzieren und Entfernungen abzumessen. Möglich wird die Berechnung aus der Kombination von Kamerabild und weiteren Daten, die unter anderem aus den Bewegungssensoren des Telefons kommen. Den Rest erledigt die Software.
Hundertausende App-Paketscheine pro Monat
Welchen Nutzen haben Kunden davon?
Felix Margraf: Ein noch einfacheres Erstellen von Paketscheinen, ohne das lästige Ausmessen der Paketgröße per Maßband. Wer mit Hermes verschicken will, kann also ab sofort direkt per Smartphone erst das zu versendende Objekt vermessen und im Anschluss gleich per App den Paketschein erstellen. Einfacher geht es kaum.
Paketscheine können mit der Hermes-App seit 2014 mobil erstellt werden. Nutzen das eigentlich viele Kunden?
Alexander Lange: Ja, und es werden erfreulicherweise stetig mehr! Mittlerweile werden monatlich mehrere 100.000 unserer privaten Sendungsaufträge über die Hermes App erstellt. Unsere Kunden lieben diese schnelle und bequeme, weil papierlose Art Paketscheine zu erstellen. Selbst für kleingewerbliche Vielversender mit einigen hundert Sendungen im Jahr ergibt sich damit schnell eine Zeitersparnis von mehreren Stunden pro Monat.
Bezahlen kann man die Paketscheine per App aber noch nicht. Ist Online Payment kein Thema?
Alexander Lange: Doch, nur verfolgen wir mit dem Neubau der Kundenplattform myHermes.de gerade andere Prioritäten. Mit dem Neubau legen wir den technologischen und organisatorischen Grundstein für unser zukünftiges Wachstum. Im nächsten Schritt starten dann auch Online-Bezahlverfahren, sowohl auf der Website als auch in der App.
„Wir lernen stetig dazu“
Heißt also: Augmented Reality vor Online Payment. Hand aufs Herz, ist AR nicht Spielerei?
Alexander Lange: Keineswegs, die AR-Technik ist mittlerweile ziemlich ausgereift und die virtuell z.B. in unserem Paketklassenrechner ermittelten Maße liegen sehr dicht an den realen Werten. Knackpunkt bleibt die User Experience: Wir müssen es dem Nutzer so einfach wie möglich machen, einen zu versendenden Gegenstand virtuell korrekt zu verpacken, um die benötigte Paketklasse und damit die Versandkosten zu erfahren. Wenn das nicht schneller und einfacher ist als mit Lineal oder Maßband, haben wir noch Hausaufgaben vor uns.
Und? Gibt es noch Hausaufgaben?
Alexander Lange: Ja, auf jeden Fall, das ist aber ganz normal. Das Feature ist brandneu und noch im Betastadium, wir lernen also stetig hinzu und sammeln gerade umfangreiches Nutzerfeedback. Für uns ist das immens wertvoll.
Die neue Funktion können derzeit nur iPhone-Besitzer nutzen. Was ist mit Android?
Felix Margraf: Google hat mit ARCore für Android kürzlich eine Lösung geschaffen, die analog zum ARKit von Apple funktioniert. Weit verbreitet ist die Technik allerdings noch nicht, derzeit ist ARCore nur für Google Pixel und das Samsung Galaxy S8 bzw. S8 Plus verfügbar. Trotzdem sind wir dran, Android ist schließlich eine wichtige Plattform für uns.
Immer wichtiger für viele Unternehmen werden auch Smart Speaker. In Großbritannien ist Hermes auf Amazon Echo und Google Home bereits aktiv. Wann folgt Deutschland?
Alexander Lange: Wenn es wirklich für nennenswerte Kundengruppen relevant und die Technik ausgereift ist. Auch bei Hermes Germany haben wir bereits entsprechende Applikationen entwickelt und Tests durchgeführt, der Mehrwert von Alexa & Co. ist für uns aber aktuell noch recht beschränkt. In UK ist das anders, weil Smart Speaker dort schon verbreiteter und aufgrund der englischen Sprachsteuerung auch besser entwickelt sind. Deutschland holt aber gerade mächtig auf. Wir beobachten die Entwicklung sehr aktiv.
Sendungsverfolgung per App wird noch präziser
Welches Feature steht denn in der Hermes-App als nächstes an?
Felix Margraf: Derzeit arbeiten wir unter anderem an einer verbesserten Einbindung der WunschZustellung. Durch diverse Prozessoptimierungen wird der Service schon bald für noch mehr Kunden noch einfacher nutzbar sein. Unserem großen Ziel, einen möglichst individuell steuerbaren Paketversand für möglichst viele Kunden anzubieten, kommen wir damit abermals ein Stück näher.
Auch das Live Tracking von Zustellfahrzeugen per App wird in der Öffentlichkeit immer wieder diskutiert.
Alexander Lange: Tolles Feature, aber aus Empfängerperspektive gibt es Wichtigeres, etwa eine verlässliche Paketankündigung mit einem kalkulierbaren, kurzen Zustellzeitfenster, das dann vom Zusteller auch „getroffen“ wird. Davon haben Kunden letztlich deutlich mehr als von einem virtuellen Zustellfahrzeug, das auf Google Maps durch die Nachbarschaft kurvt. Die beste Sendungsverfolgung ist die, die man eigentlich nicht mehr braucht!
Eine Hermes-App für Smartphones gibt es seit 2010. Wie wichtig sind Apps überhaupt noch? Reichen mobile Websites nicht aus?
Alexander Lange: Nein, ich halte beide Kanäle für wichtig. Apps bieten auf Smartphones und Tablets eine viel bessere User Experience als mobile Websites – bestes Beispiel ist ja unser neuer AR-Paketklassenrechner. Ihre Plattformabhängigkeit und die daran anknüpfende, stetige Weiterentwicklung macht die Bereitstellung von Apps im Gegenzug aber auch recht teuer. Mit mobilfähigen Websites hingegen, kann ich die meisten Webanwendungen der breiten Nutzerschaft günstig bereitstellen, oft aber zu Lasten der UX und Performance.
Mit dem Neubau von myhermes.de schaffen wir gerade die Voraussetzungen für eine exzellente User Experience im mobilen Web. Dabei ziehen wir die Website näher an die komfortable Bedienung der Hermes App heran und profitieren von den Erfahrungen, die wir mit ihr gemacht haben. Ich bin gespannt, welche Auswirkungen das mittelfristig auf die Nutzung der App hat!
Danke für das Gespräch.