Bewusst einkaufen, CO2 vermeiden Klimafreundlich online shoppen

Seit kurzem ist eine weit verbreitete Annahme widerlegt: Der Online-Handel belastet das Klima nicht mehr als der stationäre Handel. Der Transport von Waren vom Händler zum Kunden ist sogar effizienter und emittiert weniger klimaschädliche Gase – und das selbst unter Einbezug der Retouren, die für viele zum E-Commerce dazugehören.

Klimafreundlich einkaufen im Internet? Ja, das geht - beweist die kürzlich erschienene Studie des Deutschen Clean Tech Instituts.

Seit kurzem ist eine weit verbreitete Annahme widerlegt: Der Online-Handel belastet das Klima nicht mehr als der stationäre Handel. Der Transport von Waren vom Händler zum Kunden ist sogar effizienter und emittiert weniger klimaschädliche Gase – und das selbst unter Einbezug der Retouren, die für viele zum E-Commerce dazugehören. Das belegen die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Clean Tech Instituts (DCTI): „Klimafreundlich einkaufen – eine vergleichende Betrachtung von Onlinehandel und stationärem Einzelhandel“ im Auftrag der Otto Group und Hermes. Aber was bedeutet dieses Ergebnis konkret für die Otto Group und Hermes? Und welche Konsequenzen hat es auf die Ausrichtung des konzernweiten Nachhaltigkeitsprogramms? Dazu sprach die Hermes Pressestelle mit Alexander Bartelt, Abteilungsleiter Klimaschutz und Nachhaltige Produkte der Otto Group und Stefan Hinz, Teamleiter Sustainability bei Hermes.

Was hat Sie veranlasst, die aktuelle Studie in Auftrag zu geben? Was hat Sie an einem ökologischen Vergleich der Handelssegmente besonders interessiert?

Alexander Bartelt: Bis zur Veröffentlichung der Studie gab es nach unserem Kenntnisstand keine belastbare Untersuchung, die auf Basis des konkreten Einkaufsverhaltens der Kunden die Klimafreundlichkeit im E-Commerce bewertet. Diese Ausgangslage war für uns unbefriedigend, da hier unsere eigene positive Einschätzung des Online-Geschäfts der landläufigen Meinung entgegenstand, nach der der Versandhandel ökologisch verstärkt kritisch wahrgenommen wird. Umso mehr hat uns gefreut, mit dem Deutschen CleanTech Institut (DCTI) einen versierten und unabhängigen Partner gefunden zu haben, um beim Thema für Aufklärung zu sorgen. Zumal wir seit Jahren mit zunehmenden Ansprüchen in Bezug auf die Transparenz unternehmerischer Nachhaltigkeit, insbesondere auch mit Blick auf Klimaschutzaspekte, umgehen müssen. Insofern war unser Interesse an der Studie und ihren Ergebnissen entsprechend groß.

Die Studie umfasst knapp 130 Seiten. Zusammen gefasst: Was ist für Sie das wichtigste Ergebnis?

Stefan Hinz: Aus meiner Sicht ist das wichtigste Ergebnis der Studie, dass der Onlinehandel mit seinen Transporten im Vergleich zum stationären Handel mit seinem Individualverkehr unter Klimaschutzgesichtspunkten nicht so schlecht ist wie sein Ruf. Im Gegenteil: Es zeigt sich sogar, dass in den meisten Fällen die Transporte im Onlinehandel klimafreundlicher sind. Das heißt, jeder Kunde kann sich bewusst entscheiden, wie er einkauft.

Alexander Bartelt: Richtig! Und dass beim Paketversand trotz der bekanntlich hohen Retourenquoten für alle fünf Käufertypen, die in der Studie definiert wurden, ein deutlich besseres Ergebnis im Vergleich zum Stationärhandel zu Buche steht, hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet. Dies ist schon ein überraschend klares Ergebnis, das bestehende Vorbehalte in Bezug auf den Onlinehandel widerlegt. Heißt das, die Kunden des Handels sollen ab sofort mehr online – und möglichst weniger stationär einkaufen? Alexander Bartelt: Es ging uns ausdrücklich nicht darum, die eine oder die andere Einkaufs- bzw. Handelsart zu bevorzugen, sondern darum, Transparenz zu schaffen. Wir glauben nach wie vor an den stationären Handel und sind der Meinung, dass der Kunde beim Einkauf die Wahl haben sollte. Diese soll er allerdings bewusst und informiert treffen können. Dazu trägt die Studie definitiv bei. Und auch wenn spontan der Eindruck entsteht, dass der Onlinehandel der Gewinner der Studie ist: der stationäre Einzelhandel profitiert genauso von den Ergebnissen und kann für sich ebenfalls relevante Handlungsempfehlungen ableiten. So stellt sich z. B. die zentrale Frage, welche Potenziale für den stationären Einzelhandel hinsichtlich nachhaltiger Mobilitätskonzepte bestehen.

Welche Rolle spielt in diesem Prozess der Kunde? Kann er mit seinem Verhalten ebenfalls zu einer besseren CO2-Bilanz beitragen?

Stefan Hinz: Die Studie belegt eindeutig, dass das Verhalten des Kunden den größten Einfluss auf die CO2-Bilanz beider Handelssegmente hat. Kunden können durch ihr individuelles Verhalten maßgeblich Einfluss nehmen. Das ist auch die gute Nachricht: Jeder kann etwas tun! Die Zukunft gehört smarten Omnichannel-Konzepten, die das Beste aller Welten miteinander verbinden. Der Kunde soll durch die Studie auch in die Lage versetzt werden, seine individuellen Präferenzen bewusst zu wählen. Wenn wir dazu beitragen können, haben wir schon viel erreicht. Alexander Bartelt: Die Studie legt z.B. offen, dass über 60 Prozent der Befragten mit dem Pkw zu ihrer nächsten Einkaufsmöglichkeit fahren. Würden hier vermehrt alternative Verkehrsmittel gewählt – z. B. Bus, Bahn oder das Fahrrad – könnten die CO2-Emissionen insgesamt signifikant gesenkt werden. Aber auch beim Onlinehandel hat der Kunde spürbare Einflussmöglichkeiten. So sind beim Paketversand die Retouren für immerhin etwa ein Viertel der Gesamtemissionen verantwortlich. Das ist natürlich auch ein veritabler, wenn auch kein einfacher Hebel.

Die Erhebung fokussiert ausschließlich auf die Transportwege beim Einkauf. Warum wurden andere wichtige Faktoren, wie z.B. Verpackung, Energieverbrauch etc., außer Acht gelassen?

Stefan Hinz: Wir haben es im Handel und in der angeschlossenen Logistik grundsätzlich mit hoch komplexen Prozessen zu tun. Um diese Komplexität zu reduzieren und verwertbare Ergebnisse zu erhalten, haben wir uns daher im ersten Schritt auf den klar abzugrenzenden Transportbereich – übrigens sowohl für Paketsendungen als auch Waren des 2-Mann-Handling – konzentriert. Aber natürlich sind die anderen genannten Faktoren ebenfalls und nicht minder relevant. Daher ist es für uns durchaus denkbar, diese Aspekte ggf. in einer Folgestudie aufzugreifen und damit einen noch ganzheitlicheren Blick auf die Klimabetrachtung beim Einkauf zu bekommen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Das DCTI ist Herausgeber der Studie, die Otto Group und Hermes haben diese beauftragt und notwendige Daten geliefert. Wie unabhängig ist die Studie damit?

Stefan Hinz: Die Unabhängigkeit der Studie war für unsere Beteiligung zentral. Dafür steht das DCTI als renommiertes, wissenschaftliches Institut, das auch Initiator und Absender der Studie ist. Das Ökoinstitut hat die Studie zusätzlich geprüft. Das DCTI hat im Gegenzug mit der Otto Group und Hermes einen etablierten Partner im Handel gesucht und gefunden, der auch die Logistik über eigene Ressourcen abwickelt und damit die entsprechend relevante Daten beisteuern kann. Ohne diesen wichtigen und einzigartigen Input wäre die Studie nicht möglich gewesen.

Die Otto Group/ Hermes sind beim Thema Nachhaltigkeit langjährig und vielfältig aktiv. Wo sehen Sie Potential, damit der E-Commerce noch nachhaltiger wird?

Alexander Bartelt: Als Otto Group arbeiten wir kontinuierlich daran, unsere gesamten Prozesse nachhaltiger und effizienter zu gestalten. So können im E-Commerce z. B. detailliertere Artikelbilder und Videos oder Typberatungen dem Kunden mehr Sicherheit bei der Kaufentscheidung geben. Zudem wird das Konzept der virtuellen Ankleide intensiv beobachtet. Stefan Hinz: Als Logistiksparte der Otto Group berücksichtigt Hermes den Klimaschutz seit jeher in allen unternehmerischen Entscheidungen. Entsprechend haben wir 2009 erstmals einen CO2-Masterplan für die gesamte deutsche Distributionslogistik entwickelt, über den der CO2-Ausstoß bis 2020 um 30 % reduziert werden soll. Einen wesentlichen Beitrag sollen neben dem nachhaltigen Ausbau unserer Logistikinfrastruktur weiterhin die alternativen Antriebe, z.B. der Einsatz von Elektromobilität, spielen. Hier erhoffen wir uns zeitnah einen Innovationsschub, auch wenn noch große Kraftanstrengungen seitens der Automobilindustrie notwendig sind.

Hanjo Schneider, Konzern-Vorstand Services bei der Otto Group, betonte bei der öffentlichen Präsentation der Studie im Oktober, diese sei auch eine „Einladung zum Dialog“ an Wirtschaft und Politik. Wie setzen Sie die Studie aktuell ein, um mehr Vernetzung im Handel zu schaffen?

Alexander Bartelt: Das Erreichen notwendiger Klimaschutzziele kann nur im Zusammenspiel zwischen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft gemeistert werden. Wir wollen dabei unseren Teil der Verantwortung wahrnehmen und Wege zu mehr Klimaschutz entwickeln und damit beispielhaft vorangehen. Die Politik muss dafür die notwendigen Rahmenbedingungen setzen. Deshalb teilen wir die Ergebnisse der Studie gezielt mit Handels- und Logistikverbänden, sowie mit politischen Vertretern auf Landes- und Bundesebene mit dem Ziel, Klimaschutz wirtschaftlich und wirksam zu gestalten.

DCTI-Studie zum Download und weitere Informationen zum klimafreundlichen Einkauf

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