Ehrenamtliches Engagement „Zu wenig Zeit ist ein großes Problem“

Der Hamburger Verein tatkräftig e.V. will ehrenamtliche Arbeit auch mithilfe großer Unternehmen stärken. Theresa Senk von tatkräftig e.V. und Dr. Georg Rau, Geschäftsführer Human Resources & IT bei Hermes Fulfilment, erläutern die Hintergründe und erklären, wie wichtig ehrenamtliche Arbeit heute ist.

Pass, Schuss, Tor: Dr. Georg Rau, Geschäftsführer bei Hermes Fulfilment, beweist nicht nur am Kicker, dass Ehrenamt viel Spaß machen kann. (Foto: Hermes Fulfilment)

Der Hamburger Verein tatkräftig e.V. will ehrenamtliche Arbeit auch mithilfe großer Unternehmen stärken. Theresa Senk von tatkräftig e.V. und Dr. Georg Rau, Geschäftsführer Human Resources & IT bei Hermes Fulfilment, erläutern die Hintergründe und erklären, wie wichtig ehrenamtliche Arbeit heute ist.

Seit wann arbeitet Hermes Fulfilment mit tatkräftig e. V. zusammen und wie sieht diese Zusammenarbeit aus?

Rau: Zum ersten Mal für tatkräftig engagiert hat sich Hermes Fulfilment 2011. Seitdem sind jedes Jahr weitere Projekte hinzugekommen, wie zum Beispiel ein Frühjahrsputz mit Gartenpflege auf dem Kupferhof oder ein bunter Workshop-Nachmittag für Kinder in der Arche Jenfeld.

Senk: Hermes Fulfilment hat als eines der ersten Unternehmen ein tatkräftig-Projekt unterstützt und schon in einem ganz frühen Stadium an unsere Idee geglaubt und diese in mehrfacher Hinsicht gefördert. Im Frühjahr 2012 haben z.B. fünf Kollegen einen bunten Nachmittag im ELIM Seniorencentrum Eppendorf veranstaltet und mit den Senioren Schmetterlinge gebastelt und Fingerfood zubereitet. Und dabei sollte es nicht bleiben, denn Freiwillige von Hermes Fulfilment sind „Wiederholungstäter“ – so nennen wir Menschen, die sich immer wieder in einem tatkräftig-Projekt engagieren. Wir freuen uns jedes Mal, wenn wir bei einem Einsatz oder auf den Projektfotos bekannte Gesichter entdecken. 

Frau Senk, Ihr Verein vermittelt Freiwillige in verschiedene Projekte. Was für Projekte sind das?

Senk: Die Einsätze des tatkräftig e. V. werden nach dem Prinzip „1 Team. 1 Tag. 1 Ziel.“ organisiert. Dabei handelt es sich um Tagesprojekte, in denen ich mich gemeinsam mit anderen Freiwilligen engagiere. Dadurch wird ehrenamtliches Engagement zum Gemeinschaftserlebnis. Zudem fällt das Engagement in der Gruppe leichter als den ersten Schritt im Alleingang zu beschreiten. Mit der entsprechenden Manpower lässt sich so selbst in wenigen Stunden eine ganze Menge bewegen – z.B. ein Umzug für eine von häuslicher Gewalt betroffene Mutter und ihre Kinder, eine Sortieraktion von gespendeter Kleidung für Asylbewerber, Garten- oder Renovierungsarbeiten in einem Wohnhaus für Menschen mit Behinderungen oder Spiel- und Bastelnachmittage mit pflegebedürftigen Senioren, die häufig eine 1-zu-1-Betreuung benötigen. 

„Wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung“

Soziale Einrichtungen gibt es viele in Hamburg. Warum unterstützt Hermes ausgerechnet tatkräftig e. V.? Gibt es weitere Einrichtungen oder Initiativen in Hamburg, die Sie unterstützen?

Rau: Wir haben uns ganz bewusst für tatkräftig entschieden, weil die Initiative das ehrenamtliche Engagement fördert. Sie bringt Freiwillige projektweise mit sozialen Einrichtungen und hilfsbedürftigen Menschen zusammen. Dieser Ansatz verdient jedwede Unterstützung. Deshalb hat Hermes Fulfilment schon öfter im wahrsten Sinne des Wortes „tatkräftig“ mitgeholfen. Besonders für Kinder und Jugendliche machen sich unsere Mitarbeiter stark. Deshalb liegt uns auch der SOS-Hilfeverbund Hamburg am Herzen, den wir finanziell unterstützen.

In Haldensleben betreiben Sie Ihren mit Abstand größten Standort. Ist Hermes Fulfilment auch dort in entsprechenden Organisationen aktiv?

Rau: Auch in Haldensleben engagiert sich Hermes Fulfilment für Kinder und Jugendliche. Dort haben wir mit einem Betrag im fünfstelligen Bereich soziale Projekte sowie Einrichtungen, Vereine und Initiativen unterstützt, die sich in der Jugendarbeit engagieren. Das Geld diente beispielsweise als Grundstock für den Kauf zweier Spielgeräte oder die Anschaffung eines Schulflügels. Außerdem arbeiten wir in Haldensleben mit dem örtlichen NABU und der Lebenshilfe Ostfalen zusammen, die für unseren Standort dort zwei Insektenhotels angefertigt haben.

Was bezwecken Sie mit solchen Kooperationen? Geht es hier um Image-Politur?

Rau: Nein. Ob in Hamburg, Haldensleben, Löhne oder Ohrdruf – wir sind an unseren Standorten jeweils einer der größten Arbeitgeber vor Ort und haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Dieser Verantwortung sind wir uns sehr wohl bewusst. Deshalb möchten wir mit unserem sozialen Engagement und unseren Spenden denen helfen, die sonst wenig Hilfe bekommen. 

Viel Arbeit, wenig Freizeit, das gilt heute für viele Berufstätige. Da bleibt wenig Zeit für Ehrenämter. 

Senk: Das ist tatsächlich ein großes Problem. Allein wegen des erhöhten Zeitdrucks in Ausbildung und Beruf und der damit verbundenen Mobilitätsanforderungen bleibt vielen Menschen nur wenig freie Zeit, in der sie sich engagieren könnten. Viele kommen gar nicht auf die Idee oder wissen nicht, wie und wo sie sich engagieren können. Genau da setzt der tatkräftig e. V. an: Mit den flexiblen Tagesprojekten eröffnen wir auch Menschen, die sich in einer sehr intensiven Lebensphase befinden, die Chance, ehrenamtlich aktiv zu werden. Es gibt immer wieder Freiwillige, die durch ein tatkräftig-Projekt realisieren, dass es möglich ist, ehrenamtliches Engagement in das eigene Leben zu integrieren. Die sagen dann häufig so was wie „das mache ich jetzt öfter“ oder „manche Prioritäten im Leben sind vielleicht falsch gesetzt“ – auf diese Weise schlagen wir die Brücke zum langfristigen Engagement. 

„Hemmschwellen abbauen, neue Denkanstöße mitnehmen“

Frau Senk, Ihr Verein arbeitet mit Unternehmen wie Hermes Fulfilment und tesa zusammen. Warum ist die Kooperation mit Unternehmen so wichtig für Sie?

Senk: Weil es vor allem Berufstätige sind, die kaum dazu kommen, sich ehrenamtlich zu engagieren. In der Regel gelingt das nur denjenigen, die in einem Unternehmen arbeiten, das die große Bedeutung von bürgerschaftlichem Engagement in unserer Gesellschaft erkannt und die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter im Blick hat. Mit unserer Arbeit wollen wir das Potenzial von ehrenamtlichem Engagement verdeutlichen: Wer sich engagiert, wird für wichtige soziale Themen sensibilisiert, kann gezielt Hemmschwellen abbauen und durch den Perspektivwechsel neue Denkanstöße mitnehmen. Zudem tut es Kollegen gut, einmal auf eine andere Art und Weise an einem gemeinsamen Ziel zu arbeiten – das stärkt den Zusammenhalt des Teams und eröffnet neuen Raum für gegenseitige Wertschätzung. 

Waren Sie in Ihrer Vergangenheit selbst schon mal ehrenamtlich engagiert?

Rau: Nein, bis ich zu Hermes Fulfilment gekommen bin. Das war im August 2014. Seitdem habe ich zweimal an Projekten des tatkräftig e.V. mitgewirkt, zum Beispiel beim Workshop-Nachmittag für Kinder in der Arche Jenfeld. Weitere Projekte werden sicher folgen. Es macht Spaß, sich ehrenamtlich zu engagieren und es erdet einen. Plötzlich rücken die eigenen Probleme und Sorgen in den Hintergrund, weil andere Dinge viel wichtiger werden. Diese Erfahrung möchte ich heute nicht mehr missen.

Senk: Wie fast alle im Leitungsteam bin auch ich immer mal wieder ehrenamtlich als Projektbegleiterin tatkräftig im Einsatz und quasi dafür verantwortlich, dass vor Ort alles rund läuft und sich jeder eingebunden fühlt. Gerade weil die Projekte so unterschiedlich sind, ist das jedes Mal eine wertvolle Erfahrung, die mir verdeutlicht, dass sich ehrenamtliches Engagement auch projektweise tatsächlich lohnt.


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