Güterverkehr der Zukunft Warenwanderung mit Rohren und Rotoren

Immer mehr Güter und Container müssen immer schneller ans Ziel gebracht werden. Doch mit dem rasanten Anstieg des Transportvolumens steigt die Belastung für Straßen, Menschen und Umwelt. Weltweit tüftelt die Branche deshalb an neuen Transportideen. Wir zeigen eine Auswahl.
Eine futuristische Schwebebahn sowie eine Drohne im Einsatz, mitten in einer Naturlandschaft. Siehts so der Güterverkehr von morgen aus? (Foto: GettyImages)

Von Drohnen bis hin zu Hyperloop-Systemen – sieht so der Güterverkehr von morgen aus? (Foto: GettyImages)

Tag für Tag rollen Millionen Warensendungen über Straßen und Schienen, stapeln sich in Häfen und fliegen um die halbe Welt. Paletten und Container voll mit Online-Bestellungen, Industriebauteilen oder frischen Lebensmitteln. Längst spannen sich die Lieferketten um den Globus; zugleich steigen die Erwartungen an Tempo, Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit. Die Folge ist ein Güterverkehr, der am Limit läuft – und trotzdem weiterwächst.

So prognostiziert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bis zum Jahr 2040 einen Anstieg um rund ein Drittel. Das Wachstum ist hier seit Langem deutlich stärker als bei der Beförderung von Personen: Nach Berechnungen des Bundesumweltamtes (UBA) legte der Güterverkehr zwischen 1991 und 2022 um rund 75 Prozent zu – während der Personenverkehr nur um 22 Prozent wuchs. Beim UBA geht man nach einer Studie sogar von einer Steigerung des Warentransports bis 2051 um 46 Prozent gegenüber 2019 aus – wenn nicht umgesteuert wird. Der gleiche Trend zeigt sich beim Blick auf das globale Branchenwachstum: Im Jahr 2025 wurden auf dem Fracht- und Logistikmarkt weltweit 6,38 Billionen US-Dollar umgesetzt – schon 2030 werden es nach Expertenschätzungen mehr als 8,1 Billionen sein.

Immer mehr Waren, höhere Anforderungen von Kundinnen und Kunden – und gleichzeitig Klimaziele, die erfüllt werden müssen: Mit den heutigen Konzepten lässt sich die Zukunft des Güterverkehrs nicht bewältigen. Neue Ansätze und Technologien sind gefragt – von unterirdischen Tunnelsystemen über Schwebebahnen bis hin zu Hyperloop-Systemen. Es wird getestet, geplant und mancherorts schon gebaut, um der steigenden Gütermengen Herr zu werden. Viele Ideen sind noch in der Pilotphase – aber sicher ist: Sie sind längst nicht mehr nur Visionen.

Hyperloop & Co: Röhren statt Straßen

Die Idee, Waren in Kapseln zu stecken und sie in unterirdischen Röhren mit nahezu Schallgeschwindigkeit zu transportieren, brachte Tesla-Gründer Elon Musk schon im Jahr 2013 auf. Sogar Personen sollten so schneller und umweltfreundlicher reisen können – in Kapseln mit Platz für bis zu 28 Passagiere. Seither haben zahlreiche Unternehmen und Länder mit dem Konzept experimentiert. So ging etwa die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) 2018 eine Kooperation mit Hyperloop Transportation Technologies ein, um Containertransporte im Hafen per Turboröhre zu ermöglichen – 2022 wurde das Projekt in Hamburg wieder eingestellt. China zum Beispiel baute 2023 eine zwei Kilometer lange Teststrecke bei Peking, auf der künftig Passagiere mit bis zu 1.000 km/h transportiert werden sollen. Auch Indien entschied 2025, sein Hyperloop-Projekt zum Warentransport zwischen dem Jawaharlal Nehru Port Trust und Vadhavan wiederaufzunehmen.

Und das Unternehmen „Smart City Loop“ bietet das Kapsel-Konzept in abgewandelter Form für Metropolen an: Von einem Smart City Hub aus werden Pakete, Bekleidung oder Nahrungsmitteln digital und vollautomatisiert verschickt – nach Firmenangaben könnten so mit nur einer Röhre 1.500 herkömmliche Lieferfahrten sowie 21 Tonnen CO2 täglich eingespart werden. Es gibt also viele Ansätze rund um dem Hyperloop, doch die finanziellen und technologischen Hürden sind größer als gedacht, viele Pilotprojekte wurden aufgegeben. Das grundsätzliche Konzept aber ist technologisch machbar und bleibt mit Blick auf Umwelt, Staus und Verkehrsunfälle weiterhin attraktiv.

Untergrundbewegung: Im Land der Berge sind Tunnel Trumpf

Im Projekt „Cargo sous terrain“ entsteht in der Schweiz ein automatisches Fördersystem, bei dem in Tunneln unter der Schweiz rund um die Uhr Transporteinheiten verkehren sollen, ähnlich wie bei einem Sessellift. Das Konzept beinhaltet, dass Güter palettiert oder in speziellen Behältern verpackt und gekühlt werden, sodass auch Frischwaren verschickt werden können. Auch sollen die Waren bereits im Tunnel sortiert werden, um die Feinverteilung am Ende vorzubereiten. Das System soll zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Die erste geplante Teilstrecke zwischen Härkingen-Niederbipp und Zürich soll rund 70 Kilometer lang sein. Bis zur Jahrhundertmitte soll insgesamt ein 500 Kilometer langes Tunnelnetz zwischen Boden- und Genfersee entstehen, mit Ablegern nach Basel, Luzern oder Thun – um CO2- sowie Lärmbelastung in den Ballungsräumen zu reduzieren. Gerade in der engen Schweizer Landschaft, für die Experten bis 2050 eine Zunahme des Güterverkehrs um bis zu 31 Prozent prognostizieren, soll „Cargo sous terrain“ Schiene und Straße an kritischen Punkten entlasten.

Pakete auf der Überholspur: Tokio-Osaka nonstop

Im dicht besiedelten Japan stößt die Logistik schon länger an Grenzen. Um Entspannung auf einer der wichtigsten Trassen zu schaffen, präsentierte das Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus (MLIT) im Sommer 2024 das Konzept für ein 500 Kilometer langes Förderband zwischen der Metropolregion Tokio und der Millionenstadt Osaka. „Dieses Projekt wird nicht nur die Logistikkrise bewältigen, sondern auch zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen“, sagte der zuständige Minister Tetsuo Saito. Das Band soll Waren mittels Paletten auf dem Mittelstreifen von Autobahnen oder in Tunneln befördern und in der Lage sein, so viele Pakete zu bewegen wie 25.000 LKW. In den Betrieb starten soll die längste Lieferstraße der Welt 2034 – falls bis dahin genügend Unternehmen und Logistiker bereit sind, sich an den Kosten zu beteiligen. Denn die sind hoch: Pro Zehn-Kilometer-Abschnitt rechnen die Baufirmen mit 40 bis 460 Millionen Euro – womit das gesamte Projekt auf fast 22 Milliarden Euro käme.

Luft- und Wasservögel: Drohnen im Hafen

Wenn es um die Logistik der Zukunft geht, ist fast immer von den unbemannten Mini-Flugzeugen die Rede. Gerade im Güterverkehr werden Drohnen bereits in vielen Pilotprojekten erfolgreich erprobt, etwa wenn es um den komplexeren Transport zwischen Wasser und Land geht. In den USA hat Skyports Drone Services im Mai 2025 Drohnenlieferungen an Schiffe getestet, die auf den Großen Seen vor Anker liegen. In Hamburg werden die Flugobjekte schon länger eingesetzt, um Containerbrücken zu inspizieren – es gibt Pläne, auch Güter und Pakete mit Frachtdrohnen zu transportieren, die in das Logistik-System des Hafens integriert werden. Und in Häfen wie Singapur oder Rotterdam werden Drohnen getestet, um etwa Dokumente zwischen Schiff und Land hin- und herzuschicken. Traditionell werden diese Fahrten mit Booten durchgeführt, was lange dauert und teuer ist. Der Einsatz von Drohnen ist dabei 90 Prozent günstiger und sechs Mal schneller.

Die Zukunft: Ein Mosaik der Möglichkeiten

Ob Tunnel Drohnen oder Förderbänder: Viele Ideen müssen ihre praktische Machbarkeit erst noch unter Beweis stellen. Auf dem Weg zur Umsetzung wird es Rückschläge geben – zu hohe Kosten, unerwartete technische Hürden oder fehlende gesellschaftliche Akzeptanz. Doch eines lässt sich jetzt schon sagen: Die Zukunft des Gütertransports wird nicht allein auf der Straße oder auf Schienen entschieden. Ob Hightech oder pragmatische Neunutzung bestehender Infrastruktur: Der Warenverkehr von morgen muss nicht nur mehr Güter bewegen, sondern neu gedacht werden, um das zu schaffen. Am Ende wird es wohl nicht die eine große Lösung sein, sondern ein Mosaik aus vielen Ansätzen, je nach Region, Güterart und Distanz. Hauptsache smarter und sauberer.

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