Hermes optimiert sein Produktangebot für Privatkunden und legt künftig einen noch stärkeren Fokus auf den schnellen Transport von Päckchen und Paketen. In diesem Zusammenhang wird die Beförderung von Fahrrädern sowie Sport- und Sondergepäck zum 22. Januar 2019 eingestellt und die Paketgröße XXL auf neue Abmessungen reduziert. Zu den Hintergründen sprachen wir mit Nicola Perl von Hermes Germany.

Nicola, warum können Kunden ihre Fahrräder oder Snowboards zukünftig nicht mehr mit Hermes versenden? 

Nicola Perl: Unser Kerngeschäft sind ganz klar Pakete und Päckchen in Standardgrößen, die bis zur Größe L gehen. Darin finden sogar Autoreifen und Felgen Platz. Surfbretter, Snowboards und Fahrräder passen hingegen leider nicht in die Standard-Paketgrößen hinein. Güter mit einer solchen Übergröße sind rein mit Blick auf die Menge für uns als Paketdienstleister ein Nischenphänomen. Dafür bündeln sie jedoch vergleichsweise viele Kapazitäten in unseren Logistik-Centern, Depots und Zustellbasen und bedeuten einen immensen Mehraufwand für unsere Zusteller.

Herausforderungen für Logistik-Center und Zusteller

Wenn du von Mehraufwand sprichst: Wie genau macht sich das deutlich?

Nicola Perl: Die Herausforderungen beginnen bereits beim Ein- und Ausschleusen solch übergroßer Sendungen in unsere Verteilzentren. Moderne Logistik-Center sind bis ins Detail auf standardisierte Paketgrößen optimiert und jedes Surfbrett, jedes Fahrrad muss manuell sortiert, auf spezielle Förderbänder gehoben und gesondert innerhalb des Paketzentrums transportiert werden. Päckchen und Pakete können hingegen zu einem großen Teil automatisiert verarbeitet werden. Das macht es für unsere Mitarbeiter deutlich einfacher.

Nicht vergessen möchte ich an dieser Stelle die letzte Meile: Der Zusteller muss jedes Fahrrad oder überdimensionierte Sportgerät aufgrund hervorstehender Teile mit ganz besonderer Vorsicht behandeln, gesondert im Transporter sichern und die teilweise sehr unhandlichen, schweren Sendungen im Zweifel bis in oberste Stockwerke tragen. Wenn man sich diesen Service und die damit verbundenen Herausforderungen einmal genauer anschaut, ist der Transport von Fahrrädern, Ski oder Snowboards originär eigentlich eher einer Spedition zuzuordnen als einem Paketdienstleister.

Wie hoch war denn eigentlich der Anteil von Fahrradsendungen sowie Sport- und Sondergepäck an der Gesamtmenge, die Hermes im Jahr abwickelt?

Nicola Perl: Im Vergleich zu den jährlichen Paket- und Päckchenmengen, die wir verarbeiten, ist die Nachfrage nach solchen Sonderversandarten tatsächlich sehr gering. Ganz konkret sprechen wir hier von ca. 0,5 Prozent unserer Gesamtsendungen. Ihr Nischendasein steht allerdings in einem starken Kontrast zu dem Aufwand, den sie für unsere Zusteller und die Mitarbeiter in den Logistik-Centern bedeuten sowie zu den zeitlichen und räumlichen Kapazitäten, die sie binden. All diese Kapazitäten können mit Einstellung des Fahrrad- sowie Sport- und Sondergepäckversands in Zukunft für Pakete und Päckchen verwendet werden.

Die rasant steigenden Sendungsmengen gehen maßgeblich auf den boomenden E-Commerce zurück und treiben insbesondere die Menge der transportierten Päckchen und Pakete in die Höhe. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, auch bei den steigenden Paketmengen ein hohes Maß an Qualität, Schnelligkeit und Flexibilität auf der letzten Meile zu bieten. Deshalb ist die Optimierung unseres Produktangebots und die damit verbundene Einstellung von sehr aufwändigen Nischenservices ein logischer Schritt.

Was Kunden beachten müssen

Was müssen Kunden nun beachten? Bis wann können sie noch einen Versand von Fahrrad und Sportgepäck beauftragen?

Nicola Perl: Kunden, die sich auf www.myhermes.de über die jeweiligen Services erkundigen, werden über die Einstellung aktiv informiert. Sie haben noch bis einschließlich 21. Januar 2019 die Möglichkeit, einen Versand von Fahrrad, Sport- oder Sondergepäck wie gewohnt online zu beauftragen. Ab dem 22. Januar 2019 gibt es diese Möglichkeit dann nicht mehr. Ganz wichtig: Koffer bzw. Gepäck sind von den Anpassungen nicht betroffen und können auch über den 21. Januar 2019 hinaus mit Hermes versendet werden.

Welche Alternativen haben Kunden zukünftig?

Nicola Perl: Wie erwähnt ist der Versand von überdimensionierten Gütern eher eine Sache für Speditionen, die darauf spezialisiert sind, sehr individuelle Formate zu transportieren. Als Paketdienstleister konzentrieren wir uns auf unser Spezialgebiet: Pakete und Päckchen. Mit Hermes ist ein Transport daher nicht mehr möglich. Wir empfehlen als Alternative den Transport über Speditionsunternehmen.

Bündelung von Kapazitäten für rasant wachsende Paketvolumina

Ist das Streichen dieser Services nicht ein Rückschritt?

Nicola Perl: Ganz im Gegenteil: Durch die Reduktion von Komplexität und die Bündelung unserer Kapazitäten können wir uns auf die Abwicklung der rasend wachsenden Päckchen- und Paketmengen konzentrieren und die Qualität steigern. Unseren Zustellern kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu: Dass sie in Zukunft neben den hohen Paketmengen in ihren Transportern nicht noch Fahrräder oder Surfbretter transportieren und zustellen müssen, wird eine spürbare Entlastung sein, die am Ende vielen anderen Kunden zugutekommen wird.

Danke für das Gespräch.