Intelligente Verknüpfung zweier Welten
Gedämpftes Licht und sanfte Musik sorgen für eine entspannte Atmosphäre. An den Wänden hängen riesige Bildschirme, dazwischen wird ganz klassisch die Ware präsentiert. Interessiert sich ein Kunde für ein Produkt, kann er im digitalen Katalog nachsehen, ob es vielleicht noch in anderen Farben erhältlich ist. Dann scannt er mit seinem Smartphone den Preis, bezahlt online und lässt sich die Ware nach Hause liefern. Willkommen im Inspiration Store. Willkommen in der Zukunft des vernetzten Einkaufens.
Der Shop in einem Bremer Einkaufszentrum war das zeitlich begrenzte Projekt von Ebay, Metro und PayPal. Ob Shoppen in Zukunft genau so funktionieren wird, weiß noch niemand. Doch eines ist klar. Der Digitalisierung kann sich auch im Handel keiner entziehen. Deshalb entstehen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, aber auch bei großen Handelshäusern immer neue Handelskonzepte, die das Internet integrieren. So wie in Bremen.
Die Verunsicherung in der Branche ist groß. Denn keiner weiß: wie wird sich der Kunde künftig verhalten. Die Umsätze im Online-Handel wachsen zwar seit Jahren zweistellig. Doch schon jetzt wird deutlich: Wer sich nur auf das digitale Geschäft verlässt, könnte schon bald ähnliche Probleme haben wie stationäre Händler, die sich dem Internet verweigern. Die bislang strikte Trennung von E-Commerce und stationärem Handel ist überholt. Drei von vier Konsumenten können sich vorstellen, dass sich stationäre Geschäfte in Zukunft zu Servicekanälen für den Internethandel entwickeln. Das ergab eine Konsumentenbefragung des Marktforschungsinstituts Innofact.
Immer mehr Händler verbinden deshalb On- und Offline-Welt miteinander, werden so zu Multichannel- oder Crosschannel-Händlern. Rund 30 Prozent der stationären Händler verkauft mittlerweile auch über das Internet. Und eine immer größere Zahl bisher reiner Online-Händler baut zusätzlich stationäre Shops auf.
Der Online-Riese Amazon eröffnete im Februar im US-Bundesstaat Indiana an einer der großen Universitäten seine erste Filiale. Erstmals stehen hier Amazon-Mitarbeiter ihren Kunden direkt gegenüber. Studenten und Mitarbeiter der Hochschule können dort nun an sieben Tagen in der Woche Bücher und andere Waren aus dem Online-Shop bestellen, abholen und zurückgeben. Ziel ist es, die Kunden noch besser kennenzulernen und logistische Konzepte zu testen. Die Uni-Shops sind aber womöglich nur der Anfang auf dem Weg ins große Offline-Geschäft: Amazon erwägt laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, Filialen der pleitegegangenen US-Elektronikkette RadioShack zu übernehmen.
In Wuppertal haben sich 45 Einzelhändler zum Online-Marktplatz „OnlineCity Wuppertal“ zusammengeschlossen. Ob Süßwarenhändler, Optiker oder Blumenladen – sie alle präsentieren ihre Angebote gemeinsam, koordiniert von der örtlichen Wirtschaftsfördergesellschaft. Wer bis 17 Uhr bestellt, bekommt die Ware noch am selben Tag geliefert. Inzwischen interessieren sich über 20 Städte für das Modell.
Statt sich im Konkurrenzkampf aufzureiben, begreifen immer mehr Händler die digitale Revolution auch als Chance. Mit Hilfe digitaler Technologien lassen sich Alleinstellungsmerkmale entwickeln, mit denen Kunden noch fester gebunden werden können. Wer sich auf den technischen Wandel einlässt, könnte am Ende mit kleinen, hochspezialisierten Läden wieder näher zum Konsumenten in die Innenstädte kommen und Kosten sparen, weil er nicht mehr so viel Ware vor Ort haben muss.
Die Zukunft wird in der intelligenten Verknüpfung beider Welten liegen. Möglichkeiten gibt es schon heute einige. Bei „Click & Collect“ kann die Ware online bestellt und dann im Geschäft abgeholt werden. Zahlreiche große Handelsunternehmen bieten diese Möglichkeit inzwischen an. Und liegen damit voll im Trend. Glaubt man der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte, wird es in diesem Jahr europaweit eine halbe Millionen Pick-up-Stationen geben, 20 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Noch müssen die Kunden davon überzeugt werden, warum sie sich die Ware nicht einfach nach Hause liefern lassen sollen. Wer die Ware online bestellt und im stationären Laden abholt, kann sie vor Ort ausprobieren und im Zweifel sofort zurückgeben. Außerdem kann er sich beraten lassen und spart die Versandkosten.
Eine weitere Form der Verknüpfung ist die Möglichkeit, im Ladengeschäft Artikel über die Online-Plattform zu bestellen und sich nach Hause liefern zu lassen („Verlängertes Regal“). Eine wichtige Verbindung zwischen dem stationären und dem Online-Handel bilden die mobilen Endgeräte. Über sie kann der Händler Kunden mit Gutscheinen und Rabatten versorgen. Und beispielsweise bei der Orientierung im Laden helfen.
Ohne logistische Innovationen wird der Handel dabei aber nicht auskommen. Taggleiche Lieferung, im Preis enthaltene Montage oder Installation der gekauften Ware können den Kunden E-Commerce-Angebote schmackhaft machen. Vorher prüft er die Ware in einem Laden. So könnte Einkaufen in Zukunft funktionieren. Alles eine Frage der Verknüpfung.