Kühlschrank oder Kunde: Wer dirigiert die total vernetzte Stadt der Zukunft?
Ulrike Walter (27) gehört seit 2014 zum Team des InnoZ (Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel) in Berlin. Nach ihrem Bachelor of Arts in Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Verkehr und Logistik hat sie einen Master of Engineering für Infrastrukturplanung abgelegt. Gemeinsam mit ihren 50 Kollegen setzt sie nun zahlreiche Projekte in Kooperation mit Partnern aus Wissenschaft und Forschung um. Ziel dabei ist es, innovative Lösungen zu entwickeln, die einer nachhaltigen Mobilitäts- und Stadtentwicklung dienen. Die total vernetzte Stadt ist dabei die Vision. Wie können bestehende Infrastrukturen weiterentwickelt werden, so dass Strom, Wärme und Verkehr langfristig bezahlbar, sicher und nachhaltig die Versorgung gewährleisten?
Wenn wir von einer smarter City von morgen träumen, kommen bestehende Verkehrsnetze im Zukunftsbild nur selten vor. Vielmehr sind die vorhandenen Infrastrukturen integriert in eine komplett vernetzte Welt. Die Versorgung mit Strom, Wärme und Verkehr wird auf Basis erneuerbarer Energien gewährleistet. Sie ist langfristig bezahlbar und sicher. Dieser Traum könnte Realität werden: Das InnoZ testet beispielsweise ein Stromnetz, in dem unterschiedliche regenerative Energiequellen, Verbraucher sowie Speicher intelligent verknüpft sind.
In der Stadt der Zukunft sind logistische Prozesse und Abläufe smart und effizient gestaltet. Ehemalige Geschäfts- und Verkaufsräume in den Innenstädten werden in Pick-Up-Points für Bestellungen oder Microdepots umgestaltet. Die zeitliche und räumliche Flexibilität bei der Abholung und Zustellung von Waren gewinnt stetig an Bedeutung und auch das Interesse der Kunden an einer immer schnelleren Lieferung bestimmt den Einkauf. Der Kunde ist dabei heute schon Regisseur seines Einkaufserlebnisses, doch wird er diese Rolle zunehmend an die Technik abgeben.
Da bestellt dann der Kühlschrank automatisch nicht mehr vorrätige Lebensmittel beim favorisierten Geschäft – eine anspruchsvolle Herausforderung für die Logistik, besonders wenn diese ökologisch und ressourcenschonend erfolgen soll. In jedem Fall erfordert dies eine komplexe Tourenplanung und neue innovative Ansätze. Der Einsatz von Lastenrädern auf der Letzten Meile kann hier eine Lösungen sein, beispielsweise um Staus oder blockierte Straßenabschnitte zu umfahren. Induktive E-LKW können die Innenstädte nachts ohne Lärm- und Abgasemissionen beliefern. Das Nachladen erfolgt dann über ein Smart Grid induktiv während der Standzeiten.
Denkbar ist auch, dass Parkplätze, die nur temporär belegt sind, in ein innovatives Lademanagement einbezogen werden. Dadurch könnten Stopps von Lieferfahrzeugen in zweiter Reihe reduziert und Verkehrsbehinderungen vermieden werden. Autonome Fahrzeuge Übernähmen in der Stadt der Zukunft die Werks- und Lagerlogistik in abgeschlossenen Arealen. So weit entfernt scheint diese Version nicht mehr zu sein. Seit kurzem verkehrt im Rahmen eines Projektes des InnoZ mit der Deutschen Bahn AG und dem Land Berlin auf dem EUREF-Campus ein autonomes, elektrisch angetriebenes Kleinbus-Shuttle, das Besucher und Mitarbeiter auf dem Gelände transportiert. Eine Lösung für die Stadt der Zukunft unter vielen.
Für den Kunden kann intelligente Logistik der Zukunft auch bedeuten, dass er seine Rolle als Regisseur ablegt und gleichzeitig zum Dienstleister wird. In einer Shared Economy ist beispielsweise eine private Paketmitnahme gegen Entgelt denkbar. Für Logistikanbieter kann dieses Modell vor allem in ländlichen und dünn besiedelten Gebieten attraktiv werden, um Zeit und Kosten in der Zustellung zu sparen. Wer die Logistik der Zukunft dirigiert, ist noch nicht absehbar – fest steht, sie wird sich verändern. Auf das Zusammenspiel von Mensch und Maschine wird es dabei ankommen.