E-Mobility E-Mobilität in der City-Logistik: Wie gelingt der Durchbruch?

Hermes wird in Kooperation mit Mercedes-Benz Vans 1.500 Elektro-Transporter ab 2018 sukzessive einsetzen. Wo steht die Logistik beim Thema "Elektromobilität" und welche Hürden gilt es zu überwinden? Das erläutert Dr. Sebastian Stütz vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik.

E-Mobilität ist in der City-Logistik von zentraler Bedeutung. Die ersten Städte sperren bereits Straßen für ältere Dieselfahrzeuge. (Foto: Hermes)

Das Logistikunternehmen Hermes wird in Kooperation mit Mercedes-Benz Vans 1.500 Elektro-Transporter ab 2018 sukzessive einsetzen – ein wichtiger Schritt zur emissionsfreien Zustellung. Wo steht die Logistik beim Thema „Elektromobilität“ und welche Hürden gilt es zu überwinden? Das erläutert Dr. Sebastian Stütz, Spezialist für urbane Logistik und Elektromobilität im Güterverkehr beim Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik.

Welche Rolle spielt das Thema „Null Emission“ bisher in der Logistik?

Dr. Sebastian Stütz: Das öffentliche Interesse daran ist schon sehr groß. Doch wenn man sich die Fuhrparks der Unternehmen anschaut, dann ist die Anzahl der Fahrzeuge, die wirklich emissionsfrei fahren, noch verschwindend gering.

Woran liegt das?

Dr. Sebastian Stütz: Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen gibt es einen Mangel an in Serie hergestellten Fahrzeugmodellen von verlässlichen Partnern, so dass viele Logistiker im Moment auf umgerüstete Diesel-Fahrzeuge zurückgreifen müssen. Das macht die Wagen teuer in der Anschaffung, die Lieferzeit ist schwer berechenbar und die Käufer wissen nicht, was sie dem Fahrzeug wirklich zutrauen können. Kurz: Es fehlt eine Menge Verlässlichkeit.

Wie ließe sich das ändern?

Dr. Sebastian Stütz: Die Hersteller müssten ihr Angebot viel stärker auf die Nutzer zuschneiden, ihnen zum Beispiel anbieten: Ich verkaufe nicht einfach ein gewisses Fahrzeug, sondern die Garantie, eine bestimmte Transportkapazität einsetzen zu können. Im Rahmen so eines Vertrags würde ein eventuell ausfallendes E-Fahrzeug sofort ersetzt, ohne dass dem Nutzer Nachteile durch die Elektrifizierung entstehen. So könnten beide Seiten herausfinden, welches Auto auf welcher Strecke am besten eingesetzt wird. Und wie auch ein wirtschaftlicher Nutzen garantiert werden kann. Damit könnten Unsicherheiten abgebaut werden.

Woran scheitert das bisher?

Dr. Sebastian Stütz: Bisher mangelt es vor allem an verlässlichen Daten hinsichtlich Verbrauch und Reichweite. Die meisten Unternehmen kennen ihren Flottenverbrauch, doch es bringt überhaupt nichts zu wissen, dass sämtliche Fahrzeuge im Durchschnitt beispielsweise 17,5 Liter verbrauchen. Wüsste man genau, welchen Verbrauch an Kraftstoff beziehungsweise Fahrstrom man auf einer Strecke zu erwarten hätte, würde das die Attraktivität von E-Autos in Bereichen mit hohem Verkehrsaufkommen oder bei Fahrten mit zahlreichen Stopps erhöhen, weil dann für alle die Einsparungsmöglichkeiten transparent wären. Die Sache braucht vor allem Vertrauen und Planungssicherheit, denn ein E-Fahrzeug muss seine höheren Anschaffungskosten durch Kostenersparnisse im laufenden Betrieb wieder einspielen können. Verlässlich einsetzbare Fahrzeuge mit gut kalkulierbaren Ersparnissen sind dafür genauso nötig wie die Ehrlichkeit, was ein Dieselfahrzeug wirklich verbraucht.

Mit E-Fahrzeugen könnten ganz andere Dienstleistungen angeboten werden

Und das fehlt bislang?

Dr. Sebastian Stütz: Die Logistikbranche steht wirtschaftlich enorm unter Druck, deshalb überlegen sich die Unternehmen sehr genau, ob sie sich elektrisch angetriebene Transportfahrzeuge leisten können. Dabei könnten sie mit E-Fahrzeugen auch ganz andere Dienstleistungen anbieten. Die knappen Depotflächen in Innenstädten würden keine so große Rolle mehr spielen, weil die emissionsfrei fahrenden Autos in der Halle beladen werden könnten. Pakete könnten mit dem Fahrzeug theoretisch bis an den Empfangstresen gebracht werden, weil keine Emission entsteht. Und bald kommt man mit Benzinern sowieso gar nicht mehr in die Innenstädte hinein. Die ersten Städte sperren bereits Straßen für ältere Dieselfahrzeuge.

Das wird der E-Mobilität auch noch einmal einen Schub bescheren, oder?

Dr. Sebastian Stütz: Ich halte nicht viel von Verboten, um etwas per Zwang durchzusetzen. Allein die Unsicherheit, dass Verbote möglich sind, rückt zwar den E-Antrieb in den Fokus, aber aus meiner Sicht sollte mit positiven Anreizen gearbeitet werden. Warum nicht beispielsweise eine Lizenz zum Nachtliefern ausschreiben. Den Zuschlag bekommt der Anbieter, der zugleich die leiseste und schadstoffärmste Zustellung garantiert. Oder jenen Anbietern Flächen in der Innenstadt zusichern, die emissionsfrei liefern. Das könnte dem Thema einen Schub verleihen und helfen, den gordischen Knoten zu lösen. Denn erst wenn die Autobauer eine hinreichende Zahl interessierter Abnehmer hätten, werden sie auch preisgünstigere E-Fahrzeuge anbieten.

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Stütz!

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