Frauen in der Logistik „Die Spätschicht ist meine zweite Familie“

Sandra Jagusch, Jahrgang 1987, ist Gruppenleiterin im Logistik-Center Dresden. Im Interview erzählt sie, was die wichtigste Voraussetzung für ihren Job ist und welche Vorteile die Spätschicht mit sich bringt.

Sandra Jagusch, Gruppenleiterin im Logistik-Center Dresden (Foto: Hermes Germany / Willing-Holtz)

Die Logistik gilt nach wie vor als Männerdomäne. In unserer Serie „Frauen in der Logistik“ stellen wir regelmäßig Mitarbeiterinnen aus den unterschiedlichsten Bereichen bei Hermes Germany vor. Diesmal: Sandra Jagusch, Gruppenleiterin im Hermes Logistik-Center Dresden.

Sandra, wie sieht ein typischer Tag als Gruppenleiterin aus?

Sandra Jagusch: Zu Beginn der Schicht stelle ich die Bandanlage an. Dann sehe ich zu, dass alle Plätze an der Bandanlage besetzt sind. Und dann kommen unsere 20 Zusteller*innen. Ich bin für das Controlling zuständig – also dafür, dass alle Pakete zu ihren Empfänger*innen finden. Ich bin aber auch Problemlöserin. Denn der Zustellalltag bringt immer mal wieder Herausforderungen mit sich: Es kann zum Beispiel passieren, dass die Kolleg*innen bei der Auslieferung eine Adresse nicht gefunden haben. Oder ein besonders wichtiger Fall kann es sein, wenn die Zusteller*innen einen Koffer abholen wollten und Kund*innen nicht antreffen konnten. Dann stehen alle unter Strom. Manchmal lassen sich Fälle direkt lösen, manchmal suche ich dann diejenigen Kolleg*innen im Unternehmen, die bei einer Lösung helfen können.

Wichtigste Eigenschaft: Ruhe bewahren

Ruhe bewahren – ist das die wesentlichste Eigenschaft, die man für deinen Job mitbringen muss?

Sandra Jagusch
: Richtig. Dabei bin ich eigentlich gar kein ruhiger Mensch (lacht). Aber hier muss ich es sein. Und es braucht auch eine offene Feedback-Kultur über alle Hierarchien hinweg. Manchmal muss man ganz direkt sagen: „Was ihr euch da ausgedacht habt, klingt in der Theorie zwar gut, aber in der Praxis funktioniert es leider nicht.“ Das klarzumachen ist auch Teil meines Jobs.

Und kommt die Botschaft immer an?

Sandra Jagusch (Foto: Hermes
Germany / Willing-Holtz)

Sandra Jagusch: Ja, weil ich zum Beispiel mit meinem Betriebsleiter auf Augenhöhe kommuniziere. Der hat selbst vor 30 Jahren als Zusteller angefangen und weiß darum, wie die Praxis aussieht.

Welche Vorteile die Spätschicht mit sich bringt

Du arbeitest ausschließlich in der Spätschicht. Was schätzt du daran?

Sandra Jagusch: Ich mag es, dass ich ausgeschlafen zur Arbeit gehe und mich besser konzentrieren kann. Vor zehn Uhr morgens geht bei mir nichts. Ehrlich gesagt: Jetzt würde es mir schwerfallen, in die Frühschicht zu wechseln.

Verbindet die Kolleg*innen in der Spätschicht etwas miteinander?

Sandra Jagusch: Auf jeden Fall. Es ist alles sehr familiär. Wir machen zusammen Pause, essen zusammen, ab und zu gibt jemand etwas aus. Als wir noch ein paar Leute weniger waren, haben wir an Tagen, an denen weniger los war, sogar gegrillt. Da wächst man zusammen. Ich würde sagen: Das hier ist meine zweite Familie. Das hilft auch in Hochzeiten wie dem Weihnachtsgeschäft.

Wie genau?

Sandra Jagusch: Das Weihnachtsgeschäft geht bei uns vom Oktober bis hinein in den Januar. In dieser Zeit wird natürlich jede Hand gebraucht. Und wir unterstützen uns, wo wir können. Wenn zum Beispiel jemand einen Tag braucht für private Termine, dann wird das ganz pragmatisch und zuverlässig geregelt – unter dem Motto: „Ich komme für dich am Mittwoch, und du dafür für mich am Freitag.“

Ein vielfältiges Team

„Männerdomäne Logistik“, macht sich das bei euch am Standort bemerkbar? Wie ist euer Team insgesamt aufgestellt?

Sandra Jagusch: Der Anteil an Männern ist bei uns höher. Ich bin die einzige Gruppenleiterin, und in der gesamten Spätschicht eine von drei Frauen, gegenüber zehn Männern. Und manchmal wird man als Frau schon unterschätzt. Ich bin ja kein Mensch, der nur im Büro sitzen kann, sondern packe auch beim Beladen mit an. Da hat schon mancher gedacht: „Das kann die doch nicht.“ Aber die haben gesehen, dass sie sich getäuscht haben.

Insgesamt sind wir breit aufgestellt, was Alter und Nationalitäten und betrifft. Letzteres bringt auch Sprachbarrieren mit sich. Da helfen heutzutage Tools wie Google Translate. Der Älteste hier ist übrigens mein Papa mit 67 Jahren. Der wollte noch ein bisschen was tun, da habe ich ihn hier reingeholt.

Das ist ja wirklich familiär …

Sandra Jagusch: Ja, nur, dass er früher mir gesagt hat, wo es langgeht, und jetzt ist es andersrum (lacht). Aber das endet, sobald wir ins Auto steigen, um nach Hause zu fahren.

Vielen Dank für das Gespräch!

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