Carbon Accounting in der Paketlogistik Wie CO2-Daten zu einem effektiven Klimaschutz beitragen

Um Klimaschutzaktivitäten zielgerichtet vorantreiben zu können, braucht es valide Daten. Hermes Germany nutzt eine digitale Lösung zur Erfassung und für die Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Paketlieferungen – das eröffnet neue Wege in der Bestimmung von Reduktionsmaßnahmen.

E-Transporter von Hermes Germany in Mainz (Foto: Hermes Germany)

In der Paketlogistik sind Digitalisierung und Daten die Grundlage, um effizient und immer kurzfristiger steuern zu können. Prognosen von Sendungsmengen, Auslastungen im Netzwerk, Umleitung von Paketen durch Paketempfänger*innen, Navigationssoftware auf der Letzten Meile – all das ist datenbasiert, oft in Echtzeit. Durch die Analyse und das gezielte Management großer Datenmengen können logistische Prozesse optimiert werden. Das gewährleistet nicht nur einen schonenden Einsatz von Ressourcen, sondern ermöglicht gleichzeitig eine bessere Planbarkeit. Aber es geht nicht nur um datengetriebene Effizienzsteigerungen. Aus den operativen Optimierungen ergeben sich zugleich zahlreiche Gestaltungsspielräume für nachhaltige Lösungen: Ein Beispiel ist die intelligente Tourensoftware, die unter Berücksichtigung der geladenen Pakete im Fahrzeug und der Verkehrslage auf den Straßen die beste Zustellroute in Echtzeit ausgibt – so lässt sich nicht nur Zeit, sondern auch Kilometer und damit CO2 einsparen.

Anforderungen an Datentransparenz beim Klimaschutz steigen

Gerade die Vermeidung und Reduktion von CO2-Emissionen stehen bei Hermes Germany im Fokus. So treibt der Paketlogistiker bereits seit Jahren systematisch diverse Aktivitäten zum Schutz des Klimas voran. Dazu gehören eine energieeffiziente Aus- und Umrüstung der Standorte genauso wie die Intensivierung der lokal emissionsfreien Zustellung auf der Letzten Meile mittels E-Transportern oder Lastenrädern. Neben den beiden Leuchtturmprojekten Green Delivery Berlin und Hamburg stellt Hermes Germany auch in weiteren Städten vermehrt ohne den lokalen Ausstoß von Emissionen zu. Daneben geht es verstärkt um den Ausbau von alternativen Zustelloptionen wie PaketShops sowie um die Lange Strecke, die für die weitere Dekarbonisierung der Logistik maßgeblich ist und sein wird: So testet Hermes Germany zum Beispiel die Praxistauglichkeit von E-Lkw. Doch noch nicht überall sind derzeit technologische Lösungen zur CO2-Reduktion verfügbar oder wirtschaftlich umsetzbar – hier kann auch die Kompensation von CO2-Emissionen eine sinnvolle Ergänzung darstellen.

Neben den eigenen Ambitionen in Sachen Klimaschutz kommt auch von anderen Stellen zunehmend Fahrt auf das Thema: „Die Anforderungen an Unternehmen steigen, was die Transparenz über die eigenen Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt betrifft – von innen wie von außen“, erklärt Florian Abel, Sustainability Officer bei Hermes Germany. So wird beispielsweise derzeit mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU die Nachhaltigkeitsberichterstattung für viele Unternehmen zur Pflicht. „Auch bei unseren geschäftlichen Auftraggebern ist das Interesse an CO2-Daten groß, nicht zuletzt aufgrund eigener Zielsysteme im Bereich der Nachhaltigkeit. Bei Hermes Germany stellen wir unseren Auftraggebern bereits seit Längerem detaillierte Reportings bereit, in denen sie aufgeschlüsselte Informationen darüber erhalten, wie viel Treibhausgase beim Versand ihrer Sendungen freigesetzt werden.“ Daneben nimmt zudem bei vielen Endkund*innen das Thema Nachhaltigkeit einen immer größeren Stellenwert ein. Auch sie haben eine Erwartungshaltung mit Blick auf klimafreundliche Dienstleistungen, wie unter anderem die Trendstudie der Otto Group aus diesem Frühjahr zeigt.

Keine glaubwürdigen Emissionsdaten ohne eine valide Datenbasis

Ob es nun Einsparungspotentiale über die digitale Tourenplanung oder eine andere Lösung entlang der logistischen Prozesskette sind: Um eine CO2-Reduktion überhaupt verlässlich beurteilen und Einsparungen messen zu können, benötigt es eine valide Datenbasis. „Um detaillierte Aussagen zu unseren CO2-Emissionen treffen zu können, berechnen wir die Emissionen für jeden einzelnen Transportabschnitt eines Pakets. Daraus lassen sich dann entsprechende Erkenntnisse zu den Einflussfaktoren auf unsere Emissionen ableiten. All das ist nur mit einer verlässlichen Datengrundlage möglich“, erklärt Lena Pinkerneil, IT Product Owner Carbon Accounting bei Hermes Germany. Nur wer über eine transparente, belastbare Datenbasis verfügt, kann daraus gezielte Maßnahmen ableiten und folglich einen effektiven Beitrag zur Dekarbonisierung leisten sowie den Fortschritt im Laufe der Zeit sichtbar machen. Dies ist für Hermes Germany auch zentral, weil sich der Paketlogistiker als Teil der Otto Group der Science-Based-Targets-Initiative verpflichtet hat, also wissenschaftsbasierten Zielen, die am Pariser Klimaabkommen ausgerichtet sind.

Bei der Nutzung alternativer Zustelloptionen, beispielsweise bei Zustellung an Hermes PaketShops, kann der Paketlogistiker das Einsparpotenzial an CO2-Emissionen messen. So spart eine PaketShop Sendung im Schnitt 25 Prozent CO2 im Vergleich zu einer Haustürzustellung. (Foto: Hermes Germany)

Komplexe Berechnungslogik anhand von Branchenstandards

Für die Kalkulation seiner CO2-Emissionen nutzt Hermes Germany eine eigenentwickelte, cloudbasierte Carbon-Footprint-Lösung, die passgenau auf die individuellen Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten wurde. Hermes Germany ist damit in der Lage, die CO2e-Belastung einer Paketlieferung zu entschlüsseln, zum Beispiel bezogen auf Zustellart, Standorte oder die verschiedenen Transportabschnitte. Was CO2e bedeutet, wird klar, wenn man auf die zugrundeliegenden Berechnungslogiken schaut:

Die Carbon-Footprint-Lösung folgt einer stringenten Methodik, die den relevanten Reporting-Anforderungen der Logistikbranche entspricht. So erfolgt die Kalkulation der Treibhausgasemissionen gemäß dem internationalen Rahmenwerk des Global Logistics Emissions Council (GLEC). Dieser Reporting-Leitfaden für den Logistiksektor steht im Einklang mit dem Greenhouse Gas Protocol, dem Global Green Freight Action Plan der UNO und dem CDP Reporting (Carbon Disclosure Project). Dabei werden unter anderem CO2-Äquivalente (CO2e) für die Berechnung von Emissionen verwendet, das heißt es werden auch weitere Klimagase wie Methan oder Lachgas berücksichtigt, und sowohl direkte als auch indirekte CO2e-Emissionen (Scope 1, 2 und 3) erfasst. Wenn bei Hermes Germany von CO2 die Rede ist, sind also stets die CO2-Äquivalente gemeint.

CO2-Fußabdruck zeigt sich erst nach Auslieferung

Doch woher weiß Hermes Germany nun genau, wie viele CO2-Emissionen für jede einzelne Sendung entstanden sind? Ein großer Aufwand steckt dabei in der Zusammenführung und Transformation der notwendigen Daten. Lena Pinkerneil erklärt: „Wir integrieren Daten aus verschiedenen Systemen, darunter die relevanten Scans einer Sendung, die logistischen Standorte, Paketgewichte, Transporte auf der Langen Strecke, Letze Meile-Touren, Flotteninformationen, Verbrauchsinformationen der logistischen Standorte und noch diverse weitere Datenobjekte. Diese Daten führen wir dann in einem Data Warehouse zusammen, berechnen die Emissionen gemäß dem GLEC-Rahmenwerk und führen tiefergehende Analysen durch.“

Wirklich valide kann dabei erst rückblickend der CO2-Fußabdruck einer Paketlieferung ermittelt werden. „Wie ausgelastet das Zustellfahrzeug war, auf welchem Zustellfahrzeug das Paket transportiert wurde, wie viele Zustellversuche es gab und wie viele Kilometer das Paket damit bis zur Zustellung zurückgelegt hat, kann man vor Auslieferung nicht wissen“, so die Produktverantwortliche. Allein die tatsächliche Route einer Zustelltour, mit der eine Sendung zum Zielort befördert wird, entscheidet sich erst kurzfristig, da die intelligente digitale Tourensoftware unter anderem auf Echtzeit-Verkehrsdaten und den Empfängeradressen der geladenen Sendungen basiert. Daher ist vor dem Versand eine Angabe, wie hoch der ganz konkrete CO2-Ausstoß einer einzelnen Sendung ausfällt, nicht sicher prognostizierbar. Wichtig für die Besteller*innen ist in diesem Zusammenhang auch zu wissen, dass der kleinste Teil der Gesamt-Emissionen eines Pakets beim Transport entsteht. Die Produktion und spätere Nutzung des Produkts, also des Paketinhalts, machen den größten Anteil aus.

Hermes Zusteller mit Paket und Scanner (Foto: Hermes Germany)

Wesentlich ist vor allem die Glaubwürdigkeit der CO2-Daten – und diese lässt sich über eine verkürzte Logik nicht abbilden. So wird auch die Angabe von Durchschnittswerten der Komplexität nicht gerecht. Zwar kann natürlich berechnet werden, wie viel CO2 alle transportierten 1-, 5- oder 20-Kilo-Pakete zuletzt ausgestoßen haben. Allerdings ist CO2 pro Sendung nicht gleich CO2 pro Sendung, da es unter anderem einen Unterschied macht, ob das Paket etwa von Hamburg nach Hannover oder aber nach München verschickt wurde – neben den weiteren Einflussfaktoren auf der Reise eines Pakets. Durchschnittswerte sind zudem – insbesondere, wenn es um das Thema Vergleichbarkeit geht – stets mit Vorsicht zu genießen, denn: Ihre Höhe hängt maßgeblich davon ab, welche Parameter (beispielsweise Prozessabschnitte auf dem Transportweg einer Sendung) mit welchen konkreten Daten in die Berechnung eingeflossen sind.

Daten als Fundament für Klimaschutzaktivitäten

Ein modernes CO2-Management bringt hohe Anforderungen und eine enorme Komplexität mit sich – die vor gut zwei Jahren eingeführte digitale Carbon-Footprint-Lösung von Hermes Germany schafft dafür eine optimale Basis. „Bei uns bilden die IT und das CO2-Reporting das erfolgskritische Fundament für unsere Klimaschutzaktivitäten“, sagt Sustainability Officer Florian Abel. „Dank der Datentransparenz durch die Datenanalyse in unserer Cloud-Lösung können wir Emissionen berechnen, Reduktionsmaßnahmen bewerten und CO2 in die Unternehmenssteuerung integrieren. Nur wenn alle drei Elemente eng miteinander verzahnt sind, kann Klimaschutz wirklich gelingen.“

Dabei darf auch der Blick in die Zukunft nicht fehlen: Die Berechnung der CO2-Emissionen ist zusätzlich die Grundlage für zahlreiche weitere Analysen bei Hermes Germany. So werden beispielsweise im Zusammenspiel mit Daten aus dem Bereich Operations künftige Emissionen prognostiziert und Zukunftsszenarien entwickelt, anhand derer bewertet wird, in welchem Umfang die CO2-Emissionen durch die verschiedenen Faktoren negativ oder positiv beeinflusst werden.


Hör-Tipp:

Über das Thema Digitalisierung und Nachhaltigkeit hat auch Hermes Germany CSO Dennis Kollmann bei „Lieferzeit. Der Logistik-Podcast“ mit Moderator David Siems gesprochen:

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