Future Logistics Challenge „Die beste Logistik-Idee wollen wir umgehend auf die Straße bringen”

Wie sieht die Zukunft der Paketzulieferung aus? Bei der Future Logistics Challenge von Hermes und Volkswagen Nutzfahrzeuge werden am 5. November 2019 in Berlin die Start-ups mit den besten und innovativsten Konzepten prämiert. Ein Interview mit Susanne Brand, Head of Innovation bei Hermes, und Artur Hasselbach, Head of New Business Development Volkswagen Nutzfahrzeuge.

(Quelle: Hermes/VWN)

Die Aufgabenstellung im Rahmen der Future Logistics Challenge lautete, neue Ideen und Konzepte zu den Themen „Delivery Driver Experience” und „Smart Delivery Vehicle” einzureichen. Was bedeutet das genau?

Susanne Brand (Foto: Hermes)

Susanne Brand: Sowohl die Logistik- als auch Automobilbranche befinden sich im Umbruch. Es besteht ein hoher Innovationsdruck, gleichzeitig sind Kosteneinsparungen zu realisieren. Das Dilemma als Hermes alleine lösen zu wollen, halte ich für unrealistisch. Durch die Zusammenarbeit mit Start-ups und OEMs [Original Equipment Manufacturer] können wir Kräfte bündeln und an Schnelligkeit gewinnen. Mit Volkswagen Nutzfahrzeuge haben wir schnell gemerkt, dass wir im Bereich intelligenter Lösungen für die Letzte Meile & Smart Delivery Experience gemeinsame Interessen haben. So wurde innerhalb kürzester Zeit das Format entwickelt und die Fragestellung geboren. Konkret geht es weniger darum, das Zustellfahrzeug der Zukunft zu entwickeln, sondern innovative Lösungen rund um das Fahrzeug, die die Effizienz in der Logistik steigern können. Das Paketvolumen steigt extrem, gleichzeitig wird es immer schwieriger, Fahrer zu finden. Umso mehr gilt es, die Welt des Fahrers attraktiver und komfortabler zu machen. Hier müssen wir umdenken. Gesucht wurden keine Luftschlösser, sondern Konzepte, die in den nächsten sechs Monaten umsetzbar sind.

Artur Hasselbach (Foto: Volkswagen Nutzfahrzeuge)

Artur Hasselbach: Die Idee war auch: Wie können wir dem Fahrermangel begegnen? Man könnte Fahrzeuge autonom gestalten – das ist noch Zukunftsmusik – oder wir steigern die Effizienz der Fahrzeuge. Der Weg ist klar technologiegetrieben, das heißt, unser Produkt darf nicht mehr nur aus Blech bestehen, sondern das Fahrzeug muss intelligenter und vernetzter werden. Solche Challenges bieten für VW die Möglichkeit, den Start-ups zu signalisieren, dass wir ein innovatives Unternehmen sind, das stets an einer Zusammenarbeit interessiert ist. Mit der Hermes Europe haben wir dafür den optimalen Partner gefunden, da der Logistikbereich für uns als VW Nutzfahrzeuge eine sehr wichtige Kundengruppe ist.

 

Sprechen wir über die Finalisten: Auf der Shortlist sind Start-ups aus Deutschland, aber auch aus aus Israel, Spanien und Bulgarien. Worum geht es in den Konzepten?

Susanne Brand: Besonders spannend war die Idee eines spanischen Start-ups zur intelligenten Netzwerksteuerung in Innenstädten, in der das Zustellfahrzeug eine ganz neue Rolle als vernetztes, mobiles Micro-Hub einnimmt. Es gab auch einige interessante Ansätze, die darauf abzielen, unsere Partnerunternehmen bei der Digitalisierung und Optimierung zu unterstützen. Hier fällt mir spontan „Brive“ mit einem Incentivesystem für Fahrer ein, die ein besonders Sprit- und umweltschonendes Fahren fördert und Boni vergibt. Oder „Transmetrics“, die mit Predictive Analytics helfen können, etwa Peaks besser zu planen und Flotten effizient zu steuern. Was mich überrascht hat, dass sich einzelne Konzepte auch sehr gut kombinieren lassen.

Artur Hasselbach: Mich hat positiv überrascht, dass wir eine breite Streuung an Themen realisieren konnten. Beim Start-up Viscopic zum Beispiel hat mich begeistert, dass es einer von wenigen Kandidaten ist, das sich des Laderaums angenommen und überlegt hat, wie man eine gewisse Intelligenz integriert. Hierbei steht nicht das Thema Fahren im Fokus, sondern die Effizienzsteigerung durch das schnellere Be- und Entladen der Zustellfahrzeuge, die durch eine intelligente Sortierung der Pakete ermöglicht wird. Mich interessieren nicht nur die Primäreffekte, sondern auch die Sekundäreffekte, die in den Konzepten überzeugen.

Am 5. November 2019 werden in Berlin die Gewinner der Challenge gekürt, vorab findet ein gemeinsames Bootcamp für die Teilnehmer statt. Was passiert da genau?

Susanne Brand: Ziel der Mentoring Days ist es, den Start-ups die Möglichkeit zu geben, sich mit Experten von VWN und Hermes aus den Bereichen Strategie/ Innovation, IT und Operations auszutauschen. Entscheidend ist es für uns, einen klaren Use Case zu finden, der für beide Parteien von Interesse ist. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Zum anderen gibt es ein Präsentationstraining für den zehnminütigen Pitch am 5. November. Ich habe schon sehr viele Start-up-Pitches in meinem Leben gesehen, aber da waren eher wenige dabei, die mich von vorne bis hinten wirklich umgehauen haben.

Es werden zwei Gewinner gekürt – wie geht es dann konkret weiter?

Susanne Brand: Je Start-up steht ein Budget von etwa 125.000 Euro zur Verfügung mit dem zeitnah ein Produkt entwickelt und in einer drei- bis sechsmonatigen Pilotphase getestet werden soll. Unser Ziel ist ganz klar, die Themen mit vereinten Kräften schnell auf die Straße zu bringen.

Artur Hasselbach: Im Vergleich zu anderen Start-up-Challenges und Accelerator-Programmen wollen wir gemeinsam ein konkretes Produkt entwickeln. Wir haben schon 2018 eine Innovation-Challenge gemacht, bei der wir drei Gewinner gekürt haben. Einer davon war etwa Ono, der Lastenbike-Anbieter aus Berlin, mit dem VW Nutzfahrzeuge und Hermes auch zukünftig kooperieren.

Vielen Dank für das Interview!


Die Shortlist im Kurzüberblick:

1. High-Mobility (Deutschland)

2. Kiwi Last Mile (Spanien)

3. BRIVE Fleet Solutions (Deutschland)

4. German Autolabs (Deutschland)

5. Autofleet (Israel)

6. Neohelden (Deutschland)

7. VISCOPIC (Deutschland)

8. Transmetrics (Bulgarien)

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