China Business Day 2017 Cross-Border-Onlinehandel in China: „Die Nachfrage kommt nicht von allein“

Am 30. November findet in Frankfurt der China Business Day statt. „Chancen in China: Vertriebserfolg im Markt der Zukunft“ – das ist das Schwerpunktthema des diesjährigen Innovations- und Strategietages für Hersteller und Händler der Konsumgüterbranche. Wir sprachen mit Malte Gosau, Geschäftsführer bei BorderGuru, über Marktbedingungen, Fallstricke sowie Potentiale.

Der E-Commerce in China boomt und lockt immer mehr ausländische Händler zum grenzüberschreitenden Handel mit dem bevölkerungsreichsten Land der Welt. (Foto: Shutterstock)

Knallbunt und überladen mit Produktinformationen in Schriftzeichen – schon die für Europäer gewöhnungsbedürftige Optik von chinesischen Onlineshops verdeutlicht: Wer sich als Händler im chinesischen Markt etablieren möchte, der benötigt ein tiefes Know-how in puncto Kultur sowie Sprache. Und noch weit mehr.

Nicht zuletzt die Umsatzrekorde am Singles‘ Day 2017 bestätigen das große Potential für den Cross-Border-E-Commerce mit dem bevölkerungsreichsten Land der Welt. So verkündete Alibaba am Ende des Tages einen Mega-Umsatz von 25,3 Milliarden US-Dollar – 39 Prozent mehr als 2016. Der immense E-Commerce-Boom lockt immer mehr ausländische Händler. Von den 140.000 am Singles‘ Day beteiligten Händlern und Marken stammten über 16.000 aus Märkten außerhalb Chinas.

Worauf es beim Cross-Border-E-Commerce mit China ankommt, erläutert Malte Gosau, Geschäftsführer bei BorderGuru.

Herr Gosau, der chinesische Markt bietet ein riesen Potential, aber auch einen hohen Wettbewerb. Welche Vorüberlegungen sollte man anstellen, bevor man sich für den Markteintritt in China entscheidet?

Malte Gosau: Zunächst sollte man Klarheit darüber erreichen, welche Produkte man nach China verkaufen will und wie diese Produkte nachgefragt werden. Wir sehen immer wieder, dass von einem großen Sortiment nur ein gewisser Teil eine signifikante Nachfrage erreicht.

Zudem muss ich den richtigen Vertriebskanal für mich und meine Produkte finden. Das können die großen Marktplätze sein, aber auch ein eigener Webshop kann erfolgsversprechend sein. Ferner bedarf es des richtigen Marketings. Hier gibt es große Unterschiede zu den uns bekannten Marketingformen und -mitteln. Daher ist es zwingend notwendig, den richtigen Partner für die Vermarktung der eigenen Produkte auf den jeweiligen Vertriebskanälen zu finden, um erfolgreich Umsatz zu generieren. Dies schließt die richtige Produktdarstellung ein. Es reicht auf keinen Fall aus, einfach nur den Versand nach China anzubieten und zu erwarten, dass die Nachfrage von alleine kommt.

Schließlich bedarf es auch ein wenig Geduld. Chinesische Kunden werden vielmehr über soziale Netzwerke angesprochen und eine große Nachfrage stellt sich erfahrungsgemäß erst ein, wenn z.B. eine ausreichende Anzahl an positiven Bewertungen vorliegt.

Warum kann der Cross-Border-E-Commerce nicht nur für die großen Player, sondern gerade auch für kleine und mittelständische Unternehmen lohnenswert sein?

Malte Gosau: Es gibt immer wieder Nischenprodukte, welche die etablierten Händler nicht anbieten. Dies eröffnet ausreichend Chancen für kleinere Händler. Hier unterscheidet sich der chinesische Markt nicht wesentlich vom europäischen Markt. Dennoch müssen auch diese Händler eine klare Markteintrittsstrategie verfolgen und für die Vermarktung der Produkte ausreichende Budgets bereithalten.

Marktplätze wie Tmall oder JD.com sind beim chinesischen Onlinehandel von großer Bedeutung. Welche Chancen, aber auch Fallstricke bieten Plattformen für ausländische Unternehmen?

Malte Gosau: Über die genannten Marktplätze können gewaltige Reichweiten erzielt werden. Jedoch bedarf es zwingend einer eigenen Vermarktungsstrategie, die i.d.R. gemeinsam mit den Markplätzen und den sogenannten TPs – den Vermarktungspartnern für die Plattformen – erarbeitet und umgesetzt wird. Diese TPs unterstützen zudem bei der Erstellung der eigenen Darstellung auf dem Marktplatz und helfen bei der technischen Anbindung. Hier gibt es Unterschiede zu den europäischen und US-amerikanischen Marktplätzen.

Zuletzt muss sich jeder Händler bewusst sein, dass ein dediziertes Budget benötigt wird. Und erfahrungsgemäß dauert es eine gewisse Zeit, bis sich die gewünschten Zahlen einspielen. Dann hat man aber große Möglichkeiten für regen Umsatz.

Kenntnisse zu Regularien sowie Zollbestimmungen sind zentral

Die Logistik spielt auch beim Cross-Border-E-Commerce eine zentrale Rolle. Was sind die größten Herausforderungen für Unternehmen? Wie finden Händler die beste Lösung?

Malte Gosau: Wir treffen immer wieder auf Unternehmen, die bisher über keine oder wenig Erfahrung über den zollgrenzüberschreitenden Verkauf und Versand verfügen. Hier bedarf es eines umfangreichen Erfahrungsaustauschs. Darüber hinaus sind die verschiedenen Importmethoden und -beschränkungen in China vielen Händlern hierzulande nicht bekannt. Viele Produkte scheiden dann vielleicht schon aufgrund von Einfuhrgrenzen im B2C-Import für den Verkauf und Versand nach China aus. Daneben sind bestimmte Produkte nicht für den privilegierten B2C-Import vorgesehen. Hier bedarf es deshalb anderer Importmethoden. Idealerweise werden dazu die Logistikpartner frühzeitig ins Boot geholt.

Sie sind in diesem Jahr bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Geschäftsmodelle auf dem China Business Day vertreten. Der B2C-Markt bietet ein großes Potential im Hinblick auf eine riesige Zielgruppe, wie sieht es im B2B-Bereich aus? Was sind Vor- bzw. Nachteile?

Malte Gosau: Bei bestimmten Größenordnungen kann es durchaus sinnvoll sein, sich auf den B2C-Bereich zu fokussieren und mit einer eigenen Vertretung in China aktiv zu sein, um über diese direkt an den chinesischen Endkunden zu verkaufen. In diesem Fall müssen Unternehmen jedoch sämtliche lokalen Regularien befolgen, so dass Produkte z.B. mit chinesischen Etiketten und Labeln versehen werden müssen.

Ein anderes denkbares Geschäftsmodell kann es sein, die Produkte bereits hier in Europa an andere, häufig chinesische Händler, zu verkaufen. Hierbei brauchen sich Unternehmen nicht um die Aus- und Einfuhr sowie die Vermarktung der Produkte kümmern. Der Nachteil: Dafür verlieren sie natürlich einiges an Marge. Zudem sollten Unternehmen Regularien im B2B-Bereich beachten. So ist z.B. der B2B-Verkauf durch die Hersteller bei bestimmten Produkten unterbunden worden, so dass dieser Weg verschlossen bleibt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Besuchen Sie beim China Business Day 2017 das Podiumsgespräch zum Thema „B2C, B2B oder B2B2C? Geschäftsmodelle im Cross-Border-E-Commerce mit China“. Ab 13:50 Uhr diskutieren u.a. Malte Gosau, Geschäftsführer BorderGuru, sowie Jan Bierewirtz, Division Manager Business Development/ Supply Chain Solutions Hermes Germany.

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