Frauen in der Logistik: „Agilität steckt nicht in einem Buch, sondern in den Köpfen“
Die Logistik gilt nach wie vor als Männerdomäne. In unserer Serie „Frauen in der Logistik“ möchten wir regelmäßig Kolleginnen aus den unterschiedlichsten Bereichen in der Logistik vorstellen. Dana Bagherinia hält als Agile Coach in Hamburg ihr IT-Team auf Trab, das sich um die Software des Sortier-Algorithmus kümmert.
Dana, du bist Agile Coach und Scrum Masterin. Kannst du erklären, was man da macht?
Dana Bagherinia: Klar, es geht darum, agil zu arbeiten, und zwar mit „Frameworks“ genannten Software-Methoden wie Scrum oder Kanban. Die legen Wert darauf, dass jeder im Team eine Rolle hat, dass wir regelmäßige Events und ein Daily haben und meistens auch sogenannte Sprints: Da legen wir fest, was wir in den kommenden drei Wochen erreichen wollen und schauen danach in der Retrospektive, ob das auch so alles geklappt hat. Mir ist es aber wichtig, nicht an dem Modell zu kleben: Letztendlich geht es darum, dass alle das gleiche Mindset haben und gemeinsam und produktiv für ein Ziel arbeiten.
Woran arbeitet dein Team?
Dana Bagherinia: Wir sind das Team USS, also „Umschlag und Sortierung am Standort“. Es geht darum, die Software des Sortier-Algorithmus in unseren Logistik-Centern und Depots ständig zu erweitern und zu verbessern.
Was begeistert dich an der Logistik?
Dana Bagherinia: Vor allem, dass es eine Branche mit Zukunft ist und eine ganz konkrete Dienstleistung, die bei den Menschen an der Haustür ankommt. Gerade während der Corona-Pandemie war ich stolz, in der Logistik zu arbeiten und mitzuhelfen, dass Menschen die Dinge bekommen, die sie gerade dringend brauchen und nirgends kaufen können.
Wolltest du also schon immer in die Logistik?
Dana Bagherinia: Ja, aber ich war erst auf dem „falschen“ Weg. Ich habe an der HAW in Hamburg Logistik und technische BWL studiert und dachte: Klar, damit gehe ich in den Einkauf. Dann war ich bei einem großen Chiphersteller und habe Excel-Tabellen gemacht und gerechnet und Lieferantengespräche geführt. Da dachte ich: Nicht so toll, aber du musst ja im Einkauf arbeiten. Das hast du studiert, das muss so sein. Nach zwei Monaten Zähne zusammenbeißen wurde mir aber klar, dass ich mit den Kolleg*innen keine Basis hatte und es keine Feedback-Kultur gab. Das konnte es doch nicht sein.
Was hast du dann gemacht?
Dana Bagherinia: Ich habe mich gefragt: Was kann ich eigentlich als Mensch total gut, was kann ich als Dana gut? Ich kann gut mit Menschen, in Gruppen arbeiten, organisieren und strukturieren oder Workshops halten. So bin ich 2018 auf das Praktikum bei Hermes gestoßen – und geblieben. Seit 2019 bin ich fest angestellt. Jetzt ist es also nicht mehr das, was ich studiert habe – aber immer noch die richtige Branche.
Nimmst du die Logistik als Männerbranche wahr?
Dana Bagherinia: Nicht wirklich. In unserem Team sind zwar mehr Männer als Frauen, aber es gibt ja auch Teams, in denen es andersherum ist. Auch nach außen hin geht es mir so: Wenn ich jemandem erzähle, dass ich in der Logistik arbeite, wundert das niemanden. Wenn ich sage, dass ich da in der IT bin und wie viele Leute da arbeiten, herrscht schon mehr Erstaunen, da viele gar nicht denken, dass so viel Technologie hinter dem Paketversand steckt.
… und viele erwarten wohl auch nicht, dass es da „Agile Coaches“ gibt.
Dana Bagherinia: Das Thema ist bei uns wirklich sehr aktuell und präsent. Damals war das Praktikum bei Hermes deutschlandweit das einzige, das ich zum Thema Agilität gefunden habe. Insgesamt gibt es gerade bei Hermes gut zwei Hand voll Agile Coaches und zusammen versuchen wir, die Agilität in der Organisation voranzutreiben. Ganz viele Teams zeigen da Interesse und ich unterstütze immer wieder bei der Planung von Events. Mir persönlich hilft es, schon länger in der Logistik zu sein, da ich so die meisten Fachausdrücke kenne und mitreden kann. Oft kommen Agile Coaches von außen, aus der Richtung Psychologie oder ähnlichem. Da sehe ich mich im Vorteil.
Was ist dein Ziel bei deiner Arbeit als Agile Coach?
Dana Bagherinia: Dass man mich nicht mehr braucht! Nein, im Ernst: Meine Mission ist voll erfüllt, wenn das Team komplett selbstorganisiert arbeitet und es niemanden mehr benötigt, der den Finger in die Wunde legt.
Dann bist du arbeitslos.
Dana Bagherinia: Bestimmt nicht. Dann gibt es sicher das nächste Team, das Interesse hat, auf diese Weise noch besser zusammenzuarbeiten. Außerdem mache ich gerade eine Weiterbildung zur Internationalen Wirtschaftsmediatorin, da eröffnen sich bestimmt auch noch interessante Tätigkeitsfelder.
Stillstand ist also nicht so dein Ding?
Dana Bagherinia: Nein, wohl eher nicht. Ich bin immer in Bewegung. Im vergangenen Jahr habe ich das Fahrradfahren für mich entdeckt und bin in sechs Monaten 10.000 Kilometer gefahren. Zuhause trainiere ich auf einem Airbike. Und vor kurzem habe ich mir ein Schreibtisch-Laufband gekauft: Während unseres Gespräches bin ich gerade 3,5 Kilometer spaziert.
Dann viel Erfolg auf dem weiteren „Weg“! Vielen Dank für das Gespräch, Dana.