Technologien und Lösungen Fünf Trends in der Logistik 2020

Themen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung stehen in diesem Jahr wieder stark im Fokus – das gilt insbesondere auch in der Logistik. Welche Technologien und Lösungen könnten zukünftig zur Entlastung und Flexibilisierung der Letzten Meile beitragen? Fünf Trendthemen im Überblick.

(Foto: Hermes)

Die Herausforderungen auf der Letzten Meile sind auch im neuen Jahr vielfältig. Die Zahl der transportierten Güter wächst stetig – damit auch der Lieferverkehr. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt – nicht nur für die Logistik – weiterhin an Bedeutung. Gleichzeitig spielen Zuverlässigkeit und Flexibilität beim Versand eine große Rolle. Es gibt die unterschiedlichsten Technologien und Lösungsansätze, um diese Anforderungen zu erfüllen. Aber welche davon sind noch in ferner Zukunft? Und welche werden bald schon Alltag sein? Ein Überblick, was zum Trend werden könnte und wohin die Entwicklung geht.

1. Nachhaltigkeit im Fokus – Alternative Antriebe

Nicht erst seit Beginn der „Fridays for future”-Proteste arbeiten Logistiker daran, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren. Einen wichtigen Punkt dabei stellen die Fahrzeuge dar. Hermes treibt die Elektrifizierung seiner Fahrzeugflotte weiter voran, dazu zählen elektrisch betriebene Lieferwagen sowie Lastenräder.  So testet Hermes im Rahmen verschiedener Projekte Lastenräder und Mikrodepot-Modelle und plant, dies auch in diesem Jahr weiter auszubauen. „Wenn die Prozesse gut abgestimmt sind, kann ein Fahrrad auf der letzten Meile effizienter sein als jeder Van“, erläutert Dr. Kai-Oliver Schocke, Professor für Logistik und Produktionsmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS).

2. Die Lieferung mit Drohnen

Ist die Straße voll, geht der Blick nach oben: Drohnen werden seit Jahren als ein Transportmittel der Zukunft thematisiert. Weltweit laufen Pilotprojekte. Entweder von Unternehmen, wie beim ThyssenKrupp-Konzern, der in Duisburg Laborproben von einem Teil des weitflächigen Werksgeländes zum anderen fliegt. Teils wurden bereits aber auch schon eigene Drohnen-Transportdienste gegründet. So wie Wing, ein Unternehmen des Google-Konzerns Alphabet, das seit Oktober 2019 in einem Feldversuch unter anderem Produkte von Drogerieketten ausliefert. UPS erhielt von der Luftfahrtbehörde FAA als erstes Unternehmen in den USA die Lizenz zum kommerziellen Einsatz von Drohnen. Und die Amazon-Tochter Prime Air verkündete im Sommer 2019, man werde „innerhalb weniger Monate“ mit kommerziellen Drohnenlieferungen starten.

Für Deutschland scheint dies allerdings in näherer Zukunft keine Option. Zum einen, weil der Einsatz von Drohnen hierzulande stark reguliert ist. „Ich sehe aber auch aus anderen Gründen nicht, dass Drohnen in Deutschland kurz- und mittelfristig Pakete an Endkunden ausliefern werden” sagt UAS Professor Schocke: „Zum einen gäbe es Probleme mit dem Luftraum: über großen Städten würden angesichts der großen Zahl auszuliefernder Sendungen gleichzeitig tausende von Drohnen schweben. Zum anderen können Drohnen heute nur maximal vier Kilogramm Gewicht über lange Strecken transportieren. Das mag bei Transporten innerhalb eines Unternehmens sinnvoll sein. Aber es ist sehr fraglich, ob sich Transporte an Endkunden im urbanen Raum wirtschaftlich betreiben lassen.“

3. Der unterirdische Transport

Der Himmel ist nicht die einzige Alternative zur Straße. Möglicherweise werden Waren in Zukunft auch unterirdisch transportiert. In Hamburg will die Smart City Loop GmbH Paletten auf Schienen durch eine fünf Kilometer lange Röhre von einem Lager am Stadtrand in die Innenstadt transportieren – und damit die Hamburger Straßen von 1.000 oberirdischen Transporten entlasten.

Das Projekt „Cargo Sous Terrain“ (CST) will in der Schweiz langfristig sogar ein landesweites Tunnelnetz errichten. Beide Projekte werden aber eher mittel- als kurzfristig umgesetzt werden. CST hat bereits eine Machbarkeitsstudie erstellt und will ab 2025 eine erste 70 Kilometer lange Teilstrecke errichten. Derzeit verhandelt das Unternehmen nach eigenen Angaben mit der Schweizer Bundesregierung und mehreren Kantonsregierungen über die dafür notwendigen Genehmigungen.

4. Technologien für mehr Transparenz und Flexibilität

Jederzeit wissen, wo sich die Lieferung befindet und wann konkret sie zugestellt wird – neue Technologien ermöglichen Kunden mehr Transparenz, aber auch Eingriff in den Lieferprozess. Mit der digitalen Benachrichtigungskarte baut Hermes z.B. die digitale Kommunikation mit Kunden aus. Damit soll der gesamte Prozess des Paketempfangs so transparent, flexibel und steuerbar wie möglich gestaltet werden. Der Empfänger wird unmittelbar nach dem Zustellversuch über den Status informiert. Zusätzlich ist dieser Service mit der WunschZustellung verzahnt. Diese ermöglicht Kunden, Sendungen ohne viel Aufwand zu steuern und umzurouten.

Das in Dubai gegründete Unternehmen Fetchr beispielsweise will Pakete exakt dorthin zustellen, wo sich der Empfänger gerade befindet – indem es sich nicht an einer Bestelladresse orientiert, sondern an dessen GPS-Daten.

Wenn es um Feedback oder Fragen von Kunden geht, werden sie in den nächsten Jahren auf immer intelligentere Algorithmen stoßen, etwa in Form von Chatbots, auch „digitale Assistenten” genannt. Der Chatbot Holly, den Hermes 2019 in Großbritannien einführte, erhielt bereits Dankesschreiben von zufriedenen Kunden.

5. Einsatz von Blockchains

Blockchains wurden durch den Hype um Kryptowährungen bekannt. „Aber die Technologie lässt sich auch hervorragend für Supply-Chains jeder Art anwenden“, sagt Michael Henke, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik in Dortmund IML. Denn durch Blockchains lassen sich präzise, sichere und transparente Protokolle erstellen: Wer hat wann was in Empfang genommen? Und wer hat welche Berechtigung? Darum werden sie zunehmend für Trackingsysteme eingesetzt, mit denen sich der Verlauf von Sendungen nachvollziehen lässt.

„Das wirklich große Potenzial aber liegt darin, Blockchains mit dem Internet der Dinge zu verbinden“, sagt IML-Leiter Henke: „Man kann den Bezahlprozess an den Lieferprozess koppeln.“ Ein Beispiel dafür ist XRide – ein Pilotprojekt von T-Labs, der Innovationsabteilung der Deutschen Telekom. Seit September 2019 brauchen sich dort Nutzer von E-Scootern nicht mehr bei jedem Anbieter einzeln anmelden, da die Blockchain alle Daten verknüpft – aber gleichzeitig vor Hackerangriffen sichert.

Auf Logistikprozesse übertragen bedeutet das: Bestellt jemand ein Produkt, stellt die Technologie in Echtzeit fest, ob alle notwendigen Voraussetzungen vorliegen – vom Altersnachweis bis zur Liquidität. Gleichzeitig wird im selben Moment die Lieferkette in Gang gesetzt – und in dem Moment beendet, in dem der Empfänger die Ware in Empfang nimmt. Rechnungsstellung, Prüfschritte, Freigabe des Versands, Eingangsbestätigungen – all das passiert automatisch. Gleichzeitig ist jeder Zwischenschritt dokumentiert. „Die Technologie dazu haben wir seit vielen Jahren in den Händen“, sagt Henke, „aber gerade in Deutschland brauchen wir eine konzertierte Aktion aus Wirtschaft und Politik, um die dafür notwendige IT-Infrastruktur zu errichten.

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